Ratinger Jugendgremium  Jugendrat: Einsatz für Streetworker-Stelle

Ratingen · Eine Streetworker-Stelle soll wegfallen. Das trägt das Gremium nicht mit. Im Gegenteil: Diese Stelle soll schnellstmöglich wieder besetzt werden. Und es gab noch viele weitere Kritikpunkte auf der letzten Sitzung der Amtsperiode.

 Der Jugendrat organisiert auch politische Diskussionen – wie hier mit den Bundestagskandidaten in der Stadthalle.

Der Jugendrat organisiert auch politische Diskussionen – wie hier mit den Bundestagskandidaten in der Stadthalle.

Foto: Achim Blazy (abz)

Der Jugendrat hat auf den letzten Metern seiner Amtszeit noch einmal ordentlich aufs Tempo gedrückt. Haushalts- und Stellenplan durchackern – das ist eigentlich Kommunalpolitik für Fortgeschrittene. Wenn schon gestandene Lokalpolitiker ihre Schwierigkeiten haben, sich im umfangreichen Zahlen- und Tabellenwerk zurechtzufinden, wie viel schwerer fällt es dann den jungen Leuten im Jugendrat.

Sie haben ihre Schaffenszeit nicht etwa gemütlich ausklingen lassen, sondern sich auf den letzten Metern auch in diese sperrige Thematik eingearbeitet. Und waren nach eigenen Angaben entsetzt, als sie bei einer der beiden Streetworker-Stellen einen „k.w.“-Vermerk entdeckten. Das Kürzel bedeutet im Verwaltungsjargon: künftig wegfallend.

Dass eine Stadt von der Größe Ratingens gerade mal zwei Streetworker beschäftigt, kann schon diskutiert werden. Dass eine Stelle davon seit einem halben Jahr wegen Renteneintritts unbesetzt ist und zudem noch gestrichen werden soll, ist aus Sicht des Jugendrates überhaupt nicht nachvollziehbar. So beschlossen die Mitglieder in ihrer letzten Sitzung, dass die Verwaltung den k.w.-Vermerk aufheben und die Stelle schnellstmöglich wieder besetzen möge.

Konfliktsituationen gibt es
an verschiedenen Orten

„Die Streetworker erreichen Jugendliche, die sonst nicht so ohne weiteres Kontakt zu bestehenden Anlaufstellen, Jugendzentren oder Beratungsstellen aufnehmen würden. Vor allem Jugendliche, die größere Probleme in ihrem sozialen Umfeld haben, kennen oftmals die Unterstützungsmöglichkeiten nicht oder trauen sich nicht, an eine solche Stelle heranzutreten“, heißt es in der Begründung des Jugendrates. Als Gesprächspartner haben Streetworker gerade in Krisenzeiten oder Konfliktsituationen einen ganz anderen Zugang zu Jugendlichen. Und Konfliktpotenzial gibt es öfter, gerade an heiklen Treffpunkten wie Busbahnhof, Tiefgarage, Park der Stadthalle, zudem stehen die Schulhöfe des Innenstadtgymnasiums und Lintorfer Schulzentrums im Fokus. Alkohol- und Drogenkonsum, Streit und Pöbeleien führen immer wieder zu Einsätzen von Ordnungsdienst und Polizei. „Damit werden die Probleme nur verlagert, aber nicht gelöst“, sagt Orion Raunig vom Jugendrat. Streetworker sprechen dagegen die Jugendlichen an, bauen Vertrauen auf und bieten Unterstützung an. „Daraus ergeben sich echte Perspektiven, was auf längere Sicht viel effektiver ist.“

Der ÖPNV ist ein
Dauerthema im Jugendrat

Um aktive Hilfe für Jugendliche in schwierigen Lebenssituationen ging es auch in einem weiteren Beschluss des Jugendrates: In dem Förderprogramm „Jugend stärken im Quartier“ werden junge Menschen im Übergang von Schule und Beruf von der Diakonie unterstützt. Bei einem Folgeprojekt soll allerdings der Fokus jetzt verschoben werden auf wohnungslose oder von Wohnungslosigkeit bedrohte Jugendliche. Der Jugendrat unterstützt dies, will aber auch, dass das erste Förderprogramm erhalten bleibt. Es habe sich als eines der wichtigsten und vielfach nachgefragten Unterstützungsangebote für hilfesuchende Jugendliche erwiesen. Im Hinblick auf die erfolgreich aufgebauten Strukturen wäre ein Wegfall ein „großer Verlust für das Angebotsspektrum der Jugendhilfe in Ratingen“, begründet Hannah Gebhardt vom Jugendrat.

Dass es bei den in seiner Amtszeit angestoßenen Verkehrsprojekten, insbesondere Radwegesanierung, Nachtbuskonzept und Fahrrad-Reparaturstationen, nicht wirklich voran geht, nahm man im Jugendrat eher mit Unverständnis zur Kenntnis. Ein Dauerthema des Jugendrates ist die Verbesserung des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV), zu dem immer wieder konstruktive und bedarfsgerechte Anregungen und Anträge eingebracht wurden. Wegen der erhöhten Nachfrage wurde zwar samstags der Verkehrstakt der U72 von 15 auf zehn Minuten verdichtet.

Was gewiss das Shoppen in Düsseldorf erleichtert, aber jungen Menschen bei ihrem Hauptbedarf am Abend nicht weiterhilft. Dort fährt die letzte Bahn um 0.05 Uhr und freitags und samstags um 1.35 Uhr. Taktverdichtungen seien nicht wirtschaftlich, gab die Verwaltung die Sicht der Rheinbahn weiter. „Das geht so völlig an den Bedürfnissen der Jugendlichen vorbei. Diese sind insbesondere in den Abend- und Nachtstunden unterwegs. Wer die letzte Bahn verpasst, kommt mit Bus und Bahn nicht mehr nach Hause“, betonte Jugendratssprecher Claus Köster verärgert.

Bereits im Jahr 2019 hatte der Jugendrat ein fundiertes Nachtbus-Konzept beantragt. Ein erstes, mit dem Jugendrat entwickeltes Grobkonzept war zu dem Zeitpunkt schon fertig und konnte dann, bedingt durch einen Personalwechsel in der Verwaltung, nicht fertiggestellt werden.

Mithilfe eines wiederbelebten Runden Tisches zusammen mit der Rheinbahn hofft man nun auf Fortschritte im Bereich einer jugendfreundlichen Mobilität.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort