Streit um Ratsübertragungen

Während die FDP sich für das Rats-TV einsetzt, ist die CDU strikt dagegen. In anderen Städten nehmen nur wenige das Angebot an.

Streit um Ratsübertragungen
Foto: Matzerath

Ratingen. Die Fronten sind verhärtet: Während sich die FDP-Fraktion für das sogenannte Rats-TV ausspricht, lehnen die Kollegen der CDU dieses virtuelle Angebot strikt ab. „Das Rats-TV ist viel zu teuer, zieht kaum Bürger an und lohnt sich selbst in Großstädten nicht“, erklärt CDU-Fraktionschef Ewald Vielhaus, nachdem der Rat gegen die Stimmen von CDU, Grünen und Optimisten die Verwaltung beauftragt hatte, sich mit dem Thema Rat-TV zu beschäftigen und eine Vorlage mit Möglichkeiten zur Umsetzung zu erstellen.

„Auf den ersten Blick klingt ein Rats-TV nach mehr Transparenz und Bürgerfreundlichkeit. Doch wer sich mit dem Thema einmal ernsthaft auseinandersetzt, wird schnell zum Ergebnis kommen, dass sich ein Rats-TV in der Praxis nicht bewährt hat“, sagt CDU-Fraktionsvize Gerold Fahr.

Nach eingehenden Recherchen hat die CDU-Fraktion herausgefunden, dass bislang überwiegend Großstädte wie Krefeld, Wuppertal, Leverkusen, Düsseldorf und Köln das Fernsehen der Ratssitzungen eingeführt haben. Die Zuschauerzahlen seien aber ernüchternd und nach einem Hype am Anfang rückläufig: Mönchengladbach, das seit 2016 Erfahrungen mit dem Rats-TV hat, diskutiert gerade wieder über dessen Abschaffung. 64 bis 184 Bürger hätten rund 20 Minuten das Rats-TV eingeschaltet.

Zur Abschaffung konnte sich der Rat aber nicht durchringen; er beauftragte die Verwaltung, zusätzlich Rats-Radio oder Themen-Podcasts aus den Sitzungen und die Einbindung in Social Media wie soziale Netzwerke zu prüfen. In der Millionenstadt Köln haben selbst bei der Haushaltsdebatte gerade einmal 155 Personen eingeschaltet — mit einer durchschnittlichen Verweildauer von exakt drei Minuten und 26 Sekunden. Die Kosten für Technik und Kameraführung betragen in Leverkusen 1600 Euro, in Monheim sogar 2600 Euro pro Sitzung. Dazu kommen interne Kosten in der Verwaltung für Vor- und Nachbereitung. „Die bloße Wiedergabe der Ratssitzung — wie in Wuppertal und Leverkusen — ist für eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den Themen kaum geeignet: Der größte Teil der Tagesordnungspunkte wird aufgerufen und ohne weitere Aussprache oder mit einem kurzen Statement der Fraktionsvorsitzenden entsprechend der Ergebnisse der Fachausschüsse abgestimmt. Für den Zuschauer ist das mehr frustrierend als informativ“, meint Fahr weiter.

Inhaltlich politisch diskutiert wird vor allem in den Bezirks- und Fachausschüssen. Das könnte für Bürger interessant sein. Die Bezirksausschüsse tagen jedoch überwiegend dezentral, was den technischen und personellen Aufwand weiter in die Höhe treiben würde.

„Ratingen kommt auf rund 90 übertragungsfähige Sitzungen im Jahr — also werden die Kosten deutlich sechsstellig pro Jahr ausfallen — bei Nutzungsquoten im Promillebe-reich eine fragwürdige Ausgabe“, sagt Vielhaus.

„Eine Schwierigkeit ist auch, dass jedes Ratsmitglied der Aufzeichnung widersprechen kann“, fügt Fahr hinzu. In Leverkusen und in Mönchengladbach beispielsweise wird im Falle des Widerspruchs nur ein Foto des Redners eingeblendet wird. „So besteht die Gefahr, dass Rats-TV eher zur Monstranz der digitalen Transparenz als zum wirklichen Nutzen der Ratinger Bürger wird.“

Die Vorsitzende der Ratinger FDP, Tina Pannes, die bereits seit Jahren für die Idee eines Rats-TV wirbt, macht unterdessen ihre Erwartungshaltung deutlich: „Die gewählten Mandatsträger müssen sich bekennen, zu mehr Transparenz und Rechenschaft gegenüber den Bürgern.“ Sie bleibt bei ihrer Haltung: Wer Angst hat sich dem Bürger zu präsentieren, der hat in der Politik ein Problem.

Pannes betont: „Jeder Euro, der es Bürgern erlaubt, Ratssitzungen live oder per Aufzeichnung mitzuerleben, ist gut investiert. Angesichts der Sitzungszeiten des Rates besteht die Möglichkeit der persönlichen Teilnahme nämlich de facto nicht. Es ist nicht zu erwarten, dass die Sitzungen zu viralen Hits werden, aber auch wenige Interessierte haben das Recht auf Transparenz — es gibt die Pflicht des Angebots, nicht die Pflicht der Annahme.“

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