Ratinger Ratsmitglied Diskussion um den Tönnes-Rückzug

Ratingen · Die Fraktion geht nach dem Rückzug des Ratskollegen Martin Tönnes nicht zur Tagesordnung über. Mit Blick auf das verfahrene Mehrgenerationen-Projekt an der Lintorfer Straße gebe es aber noch Realisierungsmöglichkeiten. 

 Bereits im Jahr 2018 präsentierten Martin Tönnes (links), Petra Keup und Ralf Müller die Pläne für das Projekt an der Alten Feuerwache.

Bereits im Jahr 2018 präsentierten Martin Tönnes (links), Petra Keup und Ralf Müller die Pläne für das Projekt an der Alten Feuerwache.

Foto: Blazy, Achim (abz)

Diese Personalie sorgt weiter für viel Wirbel und Gesprächsstoff: Der Rückzug von Martin Tönnes als Ratsmitglied und somit als Ausschussvorsitzender hinterlässt bei den Grünen im Rat jede Menge Ärger und Enttäuschung. „Die Expertise von Martin Tönnes wird nicht nur der grünen Fraktion, sondern auch dem Rat in Zukunft fehlen. Er hat dem Ausschuss für Stadtentwicklung und Mobilität entscheidende Impulse gegeben und die überregionale Zusammenarbeit zum Beispiel für den ÖPNV gefördert. Eine Sondersitzung für den weiteren Ausbau des Radverkehrs war bereits geplant“, betonte Christian Otto, der Fraktionsvorsitzende der Grünen. Der Rückzug des Kollegen aus dem Rat war nach Ottos Ansicht vermeidbar.

Der massive Vertrauensverlust gegenüber der Stadtverwaltung bei Tönnes und den Mitstreitern der Wohnen Innovativ in Ratingen (WIR)-Genossenschaft hätte sich nach Ottos Meinung durch eine transparente und regelmäßige Kommunikation aller Beteiligten verhindern lassen. Warum hat die Verwaltungsspitze nicht rechtzeitig mit der Genossenschaft Kontakt aufgenommen und sie über die Probleme mit dem Gelände informiert? Warum wurde nicht gemeinsam nach Lösungen gesucht, anstatt sich auf Paragrafen und Vertragsmodalitäten zurückzuziehen? Diese Fragen stellte Ute Meier, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen. „Hier wurde viel Vertrauen in die Stadt Ratingen als Vertragspartnerin unnötig verspielt. Hätte man von Anfang an transparent und offen kommuniziert, wäre dies vermeidbar gewesen.“ Die vom Rat beauftragte Vorlage zur Historie der gescheiterten Planungen für den Neubau des Baubetriebshofs werde hoffentlich Licht ins Dunkel bringen, so Meier. Für ein laut Ratsbeschluss weiterhin beabsichtiges Mehrgenerationen- Wohnprojekt an der Alten Feuerwache kann sich Meier eine Übernahme der Planungen der WIR-Gruppe durch die Stadt vorstellen, da eine Wartezeit von mindestens fünf Jahren für fast alle Mitglieder nicht mehr in ihre Lebensplanung passen werde.

Tönnes schrieb einen Brief
an den Bürgermeister

„Wenn das Gelände freigeworden ist, sollte das Mehrgenerationenwohnen an diesem Standort zügig umgesetzt werden. Vielleicht lässt sich eine andere Genossenschaft dafür gewinnen, wenn denn ein verbindlicher Zeitplan zugesichert werden kann“, so Meier.

Ein anderes genossenschaftliches Wohnprojekt lässt sich nach Ottos Meinung auf dem ehemaligen Sportplatz an der Lilie verwirklichen, da die Fläche bereit zur Bebauung sei. Hier sollten Stadt und Rat zügig die Bauleitplanung vorantreiben. „Die Notwendigkeit der Schaffung bezahlbaren Wohnraums wird ja von allen Fraktionen betont“, meinte Otto. Ob Investoren, Wohngenossenschaften und insbesondere private Initiativen sich von den Querelen um die Alte Feuerwache und das vermutliche Scheitern des Projektes für die WIR-Gruppe abschrecken lassen? Dies sollten Politik und Verwaltung unbedingt vermeiden.

Tönnes hatte in einem Brief an Bürgermeister Klaus Pesch erklärt, sein Ratsmandat mit sofortiger Wirkung niederzulegen. Im Umgang mit dem Mehrgenrationen-Wohnprojekt Alte Feuerwache sei ein „irreparabler Vertrauensschaden“ entstanden, so Tönnes, der dem WIR-Vorstand angehört. „Ich sehe bei unserem Bürgermeister keinerlei Lösungsorientierung.“ Im Zusammenhang mit der Rückabwicklung des Projekts und der gegebenenfalls notwendigen Auflösung der Genossenschaft seien Interessenskonflikte programmiert, eine Zusammenarbeit sei nicht vereinbar.

Die Stadt Ratingen wehrte sich gegen die Kritik. Insbesondere müsse dem durch Tönnes erweckten Eindruck entschieden entgegengetreten werden, das Projekt werde willkürlich blockiert, heißt es in einer Stellungnahme. Richtig sei vielmehr, dass die Entwicklung des Geländes an der Lintorfer Straße zu einem Wohnquartier durch Probleme verzögert wird, die im Jahr 2021 in ihrem Ausmaß überraschend eingetreten und nicht ohne Weiteres zu lösen seien.

Es geht dabei um die Unterbringung der städtischen Mitarbeiter der Abteilung Stadtgrün, die ihren Arbeitsplatz in dem Gebäude der alten Feuerwache haben, sowie um die Fahrzeuge der Abteilung, die dort ihren Standort haben. Für diese Kollegen galt und gilt es, ein geeignetes anderes Domizil zu finden, was jedoch bis Mitte 2021 nicht gelungen ist. Ein Planungsbüro habe der Stadt geraten, eine neue Fläche für die Kommunalen Dienste der Stadt zu suchen.

Dafür müsse ein geeignetes Grundstück in einer Flächengrößenordnung von mindestens drei Hektar gefunden, erworben, bauplanungsrechtlich entwickelt und baulich realisiert werden.

„Dies wurde dem Stadtrat am 5. Oktober 2021 dargelegt“, so die Stadt. In der Folge habe die Verwaltung die Standortsuche intensiviert und Liegenschaftsgespräche geführt. Auch für das WIR-Projekt sei nach einer Alternativfläche gesucht worden. „Planskizzen und Erläuterungen wurden dem Stadtrat im Dezember präsentiert“, heißt es in der Stellungnahme. „Diese Bemühungen werden fortgesetzt und versprechen durchaus Aussicht auf Erfolg.“

Ein verlässliches Zeitziel könne jedoch nicht vermittelt werden. „Eine rechtsverbindlich garantierte Übergabefrist, die im Fall der Nichterreichung sehr hohe Schadensersatzverpflichtungen zulasten der Stadt auslösen würde, kann angesichts der bestehenden Unsicherheiten nicht in Aussicht gestellt werden“, erklärte die Stadt.

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