Rat will Politik ohne Papier

Pro Jahr verteilt die Verwaltung 1,7 Millionen Blätter Papier für Ausschüsse und Sitzungen. Nun wurde geprüft, ob das auch digital geht.

Ratingen. Rund 187 Meter hoch — 30 Meter höher als der Kölner Dom: In dieser Dimension könnten die Einladungen, Protokolle und Vorlagen für die verschiedenen Ausschuss- und Ratssitzungen im Jahr getürmt werden.

Verteilt werden die rund 1,7 Millionen Blatt Papier an die 60 Ratsmitglieder, den Verwaltungsvorstand und an rund 270 sachkundige Bürger. Allein das Papier kostet die Verwaltung pro Jahr 10 000 Euro.

Hinzu kommen Personalkosten (37 000 Euro) und Porto (10 000 Euro). Doch wie viele Vorlagen tatsächlich gelesen werden, ist nicht bekannt.

Allein die Vorlage zum Bebauungsplan „Maschinenfabrik Homberger Straße“ brachte bei geschätzten 300 Seiten rund zwei Kilo auf die Waage. Die allermeisten enthielten Tabellen und Zahlenkolonnen von Gutachten.

Der Stadtrat vermutet daher ein enormes Einsparpotenzial und hat nach einer FDP-Anregung die Verwaltung beauftragt, zu prüfen, ob die Rats- und Ausschussarbeit nicht auch „papierlos“ erledigt werden kann: Schließlich sind alle öffentlichen Drucksachen samt Anhängen im Internet (Ratsinformationssystem) lesbar.

Fazit der Verwaltungsanalyse: „Rein theoretisch“ könnte die Übersendung der Unterlagen in Papierform sofort eingestellt werden. Der Besitz von Computern und Internetzugang wird stillschweigend vorausgesetzt. Dennoch steckt der Teufel im Detail: Gegen ihren Willen dürfe man den Ratsmitgliedern nicht die Unterlagen ausschließlich in elektronischer Form zustellen.

Vorbei mit dem Einspareffekt ist es schon, wenn — wie vorgeschlagen — den Ratsmitgliedern Laptops oder iPads kostenlos zur Verfügung gestellt würden: Für Laptops werden rund 40 000 Euro veranschlagt. Dazu kämen 18 000 Euro für ein Word- und Excel-Programm plus 27 000 Euro für ein PDF-Bearbeitungsprogramm. Macht zusammen 85 600 Euro — bei fünfjähriger Nutzungsdauer 17 000 Euro im Jahr.

Wird eine monatliche Pauschale für Büromaterial dazugerechnet, kommt die Verwaltung auf jährliche Kosten von 24 320 Euro. Diese Summe liegt nur unwesentlich unter den 24 840 Euro, die für die gedruckten Unterlagen ausgegeben werden — wohlgemerkt: nur für Ratsmitglieder.

Ratsherr Christian Otto (Grüne) hat den Bezug der Papierunterlagen abbestellt und sich auf eigene Kosten ein Netbook angeschafft. „Ich komme wunderbar damit zurecht.“ Detlev Czoske, sachkundiger Bürger der BU, könnte sich elektronische Drucksachen zwar vorstellen, doch könnten „Ältere“ damit durchaus Schwierigkeiten haben. „Ich lese aber lieber auf Papier.“

Weil eine zusätzliche „elektronische“ Ausstattung der 270 sachkundigen Bürger die Kosten auf über 415 000 Euro treiben würde, nimmt die Verwaltung von vornherein Abstand davon. Unterm Strich beträgt die Einsparung bei einer Umstellung aufs „papierlose Ratsmandat“ jährlich „maximal 1500 Euro“ im Jahr — 25 Euro pro Person.

Vorschlag der Verwaltung: Eine „Testgruppe von Ratsmitgliedern“ soll den Verzicht aufs Papier in der Praxis erproben — mit eigenem Rechner.

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