Kino aus dem Ratssaal

Eine Live-Übertragung von Sitzungen übers Internet wäre möglich. Doch alle Gefilmten müssten ihre Einwilligung geben.

Ratingen. Technisch ist es kein Problem: Eine gute Webcam, ein paar Kabel zum Rechner und ein entsprechendes Programm würden ausreichen, die Ratssitzung live aus dem Sitzungssaal über das Internet zu übertragen. Dann könnten die Debatten und Abstimmungen weltweit mitverfolgt werden.

„Gelebte Demokratie“, sagen die Befürworter, „unnötiger Schnickschnack“ die Gegner. Aber wie sieht es überhaupt rechtlich aus? Auf Antrag der CDU sollte die Verwaltung prüfen, was juristisch überhaupt möglich ist. Fazit des Datenschutzbeauftragten Peter Wacker: Live-Übertragungen sind zulässig, wenn alle Betroffenen einwilligen.

Grundsätzlich wird eine solche Verbreitung positiv gesehen. Als Vorteile nennt der Datenschutzbeauftragte, dass „unterschiedlichste Bevölkerungsgruppen an das kommunalpolitische Geschehen herangeführt und lokal relevante Diskussionen bequem daheim oder unterwegs im Internet verfolgt werden könnten.“ Verschiedene Städte würden dies bereits praktizieren.

Nach dem Kommunalverfassungsrecht sind die Gemeinden sogar verpflichtet, bei Sitzungen Öffentlichkeit herzustellen — ein im Grundgesetz verankertes Demokratieprinzip: Die Bürger sollen die Möglichkeit haben, die Arbeit der gewählten Volksvertreter zu verfolgen und auch zu kontrollieren. Bislang war die Öffentlichkeit auf die geöffneten Türen des Sitzungssaales beschränkt.

Die Pflicht zur Öffentlichkeit erlaubt jetzt aber nicht automatisch, die Sitzungen gleich im Internet zu übertragen. Zumal das Informationsinteresse der Bürger „schwerlich eine weltweite Verbreitung der Sitzungen“ rechtfertigen könne, schreibt Wacker.

Presse- und Urheberrecht sowie der Datenschutz schränken die grenzenlose Verbreitung ein — etwa durch das Recht am eigenen Bild. Das gilt nicht nur für Ratsmitglieder und Verwaltungsangestellte, sondern in besonderem Maß auch für Zuschauer im Sitzungssaal.

Und da liegt der Hase im Pfeffer: Eine Live-Übertragung ist nur mit Einwilligung aller Betroffenen zulässig. In der Praxis kann diese Anforderung bezüglich der Zuschauer nur schwer erfüllt werden. Die Einwilligung der Ratsmitglieder und Bediensteten dürfte durchaus zu erhalten sein. Ein Ratsbeschluss könne die Einwilligungen aber nicht ersetzen.

Die Grünen sehen den Live-Stream positiv. „Die Leute können sich dann ein gutes Bild davon machen“, sagte Fraktionsvorsitzende Susanne Stocks. Die meisten Themen dürften aber nur „mäßig interessant“ sein.

Die CDU habe „überhaupt kein Problem damit — im Gegenteil“, teilte Fraktionskollege Ewald Vielhaus mit. Auch Hannelore Hanning (FDP) hat nichts dagegen, fragt sich aber, „wie eine solche Bühne genutzt wird.“

Übereinstimmend sagen alle Politiker, dass nichtöffentliche Sitzungen in der Regel sachlicher und zielorientierter ablaufen. Bürgermeister Harald Birkenkamp sieht einen weiteren Effekt: „Der eine oder andere müsste sich dann mit seinen Wortbeiträgen zurückhalten.“

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