Ein Verein wird volljährig Ein Buch zum 18. Geburtstag

Ratingen. · Der Jüdische Kulturverein Shalom gründete sich vor 18 Jahren in Ratingen. Zum Geburtstag der Volljährigkeit gibt der Verein ein Buch heraus. Das erste Exemplar erhält Bürgermeister Klaus Pesch.

 Grigori Lisnowski, Vlad Ilstein, Vadym Fridman und Nadja Grozyeva (v.l.) stellen das neue Buch vor.

Grigori Lisnowski, Vlad Ilstein, Vadym Fridman und Nadja Grozyeva (v.l.) stellen das neue Buch vor.

Foto: Achim Blazy (abz)

Die Geschichte der Juden in Ratingen reicht mehr als 400 Jahre zurück. Doch gegen Ende des 19. Jahrhunderts versprach Düsseldorf wirtschaftlich attraktivere Perspektiven und viele wanderten ab. Die letzten 18 jüdischen Bürger wurden schließlich von den Nationalsozialisten bedrängt. Wer konnte, floh aus der Stadt.

60 Jahre lang gab es im Anschluss kein jüdisches Leben in Ratingen. Erst um 2000 zogen Menschen jüdischen Glaubens aus den Ländern der ehemaligen Sowjetunion nach Ratingen. Der Vereinsvorsitzende Vadym Fridman erinnert sich an seine eigene Geschichte. „Mein Leben lang habe ich als Bauingenieur in der Ukraine gearbeitet. Dann bekam ich eine schmale Rente.“ Verwandte, die zuvor ausgewandert waren, erzählten ihm von einer jungen, aufgeschlossenen Stadt – Ratingen.

2002 kamen viele neue jüdische Bürger nach Ratingen

Bis ins Jahr 2002 fanden so viele Juden aus verschiedenen Nationen den Weg in die Dumeklemmerstadt, dass sie einen Kulturverein gründeten, „Schalom Ratingen“ wurde geboren. „Zu Beginn schlossen wir uns der jüdischen Gemeinde in Düsseldorf an“, so Fridman. Doch: „Wir wollten Kontakt zu unseren neuen Nachbarn, selbst Veranstaltungen organisieren.“ Inzwischen feiert Shalom Ratingen seinen 18. Geburtstag und hat rund 225 Mitglieder.

Vadym Fridman beschreibt die Aufgabe des Vereins so: „Wir möchten den Ratingern die Möglichkeit bieten, die jüdische Kultur kennenzulernen. Gleichzeitig möchten auch wir Kontakt zur deutschen Kultur.“ Im Laufe der Jahre hat sich ein reger Austausch mit anderen Vereinen entwickelt. Das primäre Ziel von Shalom Ratingen ist und bleibt aber: „Der Kampf gegen den Antisemitismus“, betont Fridman. Ein Baustein auf dem Weg zu einem friedlichen Miteinander sind regelmäßige Dialoge mit anderen Religionsgemeinschaften.

Den 18. Geburtstag nahm der Vorstand des Vereins zum Anlass, ein Buch herauszugeben. Es heißt „Schalom Ratingen – Volljährigkeit“. Es ist bereits das zweite Buch von Shalom Ratingen. Das erste trägt den Titel „Ratingen ist unser Zuhause.“ Es erschien zum zehnten Geburtstag des Vereins. Aus gutem Grund: „Integration ist eine schwere Zeit für Einwanderer“, sagt Fridman. „Alles ist fremd, die Sprache, der Ort, die Kultur.“ Rund zehn Jahre dauert es, glaubt der Vorsitzende, bis ein Zuwanderer in der neuen Heimat ankommt. Shalom und seine Mitglieder sind angekommen.

Vadym Fridman und sein Stellvertreter Grigori Lisnowski übergaben jetzt Bürgermeister Klaus Pesch das erste Exemplar des aktuellen Druckwerks. Fridman erinnerte dabei an die „schreckliche deutsch-jüdische Geschichte“, betonte aber auch die vielen Zeichen der ­Hoffnung. „Für uns ist ein friedliches Leben das Wichtigste“, sagte er. Keine Feindschaft zwischen den unterschiedlichen Nationen, die in Ratingen leben – das ist sein Traum.

Bei Bürgermeister Klaus Pesch bedankte sich Fridman – wie auch bei Peschs Vorgängern Wolfgang Diedrich und Harald Birkenkamp – für die bereitwillige und stetige Unterstützung.

Pesch betonte, dass das für ihn weit mehr sei als eine Pflicht. „Es gehört zu den eindrucksvollsten Erlebnissen meiner Amtszeit, als vor knapp zwei Jahren in Lintorf spontan 2000 Menschen zusammenkamen, um gegen eine antijüdische Schmiererei zu protestieren und damit ein deutliches Zeichen für Solidarität in unserer Stadt zu setzen. Dem Verein Schalom Ratingen bin ich sehr dankbar für seine integrierende Arbeit.“

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