Begräbnisarten Friedwald bietet Platz für die letzte Ruhe

Ratingen. · Immer mehr Menschen suchen alternative Begräbnisstätten. In Hösel soll nun ein Begräbniswald eingerichtet werden. Die Verhandlungen mit der Stadt laufen.

Ein Buchenwald in der Nähe der Eggerscheidter Straße könnte zum Begräbniswald werden.

Ein Buchenwald in der Nähe der Eggerscheidter Straße könnte zum Begräbniswald werden.

Foto: Blazy, Achim (abz)

Auch, wenn man sich aufs Sorgfältigste auf den Tod, auf das Sterben einstellt, ist das immer noch ein nicht einzuschätzendes Ereignis: Von Tränen und dem Gefühl, untröstlich zu sein über Weihrauch und -wasser, Kreuzzeichen und Trauerkranz bis zur Finanzierung von Sarg oder Urne, Kaffeetrinken, Totenbriefen prasselt eigentlich alles auf einen Schlag auf die Familie ein. Wie gut, wenn es dann noch eine Familie gibt. Natürlich kann man vieles zwischen Geld und Gefühl vorbereiten – zum Beispiel die „ewige“ Ruhestätte auswählen. In Zeiten wandelnder Trauerkultur ist das offenbar immer häufiger das kleine Plätzchen unter Eiche oder Buche in einem Wald.

Die Zeiten, in denen man auf dem katholischen Friedhof an der Friedhofstraße in Ratingen nur dann ein ruhiges Plätzchen für die nächsten 30 Jahre ergattern konnte, wenn man katholisch war und in einem fest umrissenen Bezirk lebte, sind seit geraumer Zeit vorbei. Verstorbene werden in Urnen bestattet, die dann in einem ungleich kleineren Urnengrab beigesetzt werden. Das schafft so viel Platz auf dem Gottesacker, dass es an der Friedhofstraße inzwischen eine Überzahl von Immobilien fürs Jenseits gibt.

Wenn die Einschläge näher kommen, drängt für viele Menschen die Entscheidung: Manche kennen ihre Nachkommen – wenn sie welche haben – so gut, dass sie von deren Abneigung gegen das Anpflanzen von Cotoneaster, Stiefmütterchen und Eisblumen wissen, dass sie auch nicht wissen, ob die Kinder denn überhaupt in Ratingen bleiben und selber Grabpflege betreiben wollen. Und dass sie das dafür erforderliche Geld lieber anderweitig verbrauchen würden.

Etwa 900 Ratinger Bürger sterben pro Jahr. Frank Jacobs, der etwa die Hälfte davon unter die Erde bringt (und das am häufigsten im November und April), versucht, den Hinterbliebenen mit so viel Feingefühl wie möglich zu begegnen und ihnen in ihrem Leid Arbeit abzunehmen. Er hat unter anderem eine stimmig gestaltete Trauerhalle in Tiefenbroich, wo auch nicht-konfessionelle Feiern würdig begangen werden. Und er weiß, dass die kirchliche Bestattung nicht mehr so häufig stattfindet wie noch zu Zeiten seines Vaters. Etwa 60 Prozent der Kunden würden nicht mehr bevorzugt auf einem „normalen“ Friedhof bestattet werden. Immer wieder gehört zu den letzten Wünschen eine Seebestattung, und immer häufiger wünschen sich Menschen als letzte Ruhestätte ein Plätzchen in einem Wald.

Friedwald könnte auf 10,5 Hektar großen Grundstück entstehen

Dafür gibt es inzwischen mannigfaltige Namen und 500 Orte, aber nahe Ratingen keinen leicht erreichbaren Platz. In diese Bresche springt nun Dietmar Kapelle, der schon länger einen Wald mit altem Baumbestand für einen solchen Hain vorhält. Er hat 10,5 Hektar Wald nahe der Eggerscheidter Straße erworben, die früher zur Waldklinik in Hösel gehörten.

Gegenwärtig laufen Verhandlungen mit der Stadt Ratingen, an deren Ende die Erlaubnis zum Betreiben eines Begräbniswaldes stehen soll.Da kann man sich dann zum Beispiel einen Baum für etwa (Preise stehen noch nicht fest) 1700 Euro „kaufen“, in dessen Schatten die Bestattung stattfindet – ohne Urne und Bepflanzung.Zwei Plätze sind eingepreist, weitere müssten dazu gekauft werden. Die Asche kann aber auch einfach verstreut werden. Wer möchte, bekommt ein Messing-Namensschild, das an den Baum geschraubt wird. Stiefmütterchen und Co. finden nicht statt, Blütenblätter am Tag der Beisetzung sind eventuell möglich, anderer Grabschmuck keinesfalls.

 Vielleicht kann Heinrich Heines Spruch auf seinem Grab in Paris eine Hilfe sein. Wie jeder andere, der auf diesem katholischen Friedhof seine letzte Ruhe fand, musste sich Heinrich Heine schon zu Lebzeiten ein Grab beschaffen.Er war 48 Jahre alt und lebte seit 15 Jahren in Paris, als er in seinem Testament aus dem Jahr 1846 festlegt: „Sterbe ich in Paris, so möchte ich auf dem Kirchhofe des Montmartre begraben sein, denn unter der Bevölkerung des Faubourg Montmartre habe ich mein liebstes Leben gelebt.“

Und er dichtete sich selbst seinen Grabspruch: Wo wird einst des Wandermüden letzte Ruhestätte sein? Unter Palmen in dem Süden? Unter Linden an dem Rhein? Werd‘ ich wo in einer Wüste eingescharrt von fremder Hand? Oder ruh‘ ich an der Küste eines Meeres in dem Sand?

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