NRW Haushalt: Weiter großes Minus

Ratingen · Kämmerer und Bürgermeister freuen sich über die sprudelnde Gewerbesteuer, doch die Herausforderungen sind enorm. Für 2022 ergibt sich ein echter Fehlbetrag in Höhe von 17,4 Millionen Euro, 2023 sinkt er auf 14,3 Millionen Euro.

 Kämmerer Martin Gentzsch (Zweiter von rechts) und Bürgermeister Klaus Pesch (r.) bei der Vorstellung des Doppelhaushalts in der Ahi-Halle, zusammen mit dem Beigeordneten Harald Filip (l.),und dem neuen Ersten Beigeordneten Patrick Anders.

Kämmerer Martin Gentzsch (Zweiter von rechts) und Bürgermeister Klaus Pesch (r.) bei der Vorstellung des Doppelhaushalts in der Ahi-Halle, zusammen mit dem Beigeordneten Harald Filip (l.),und dem neuen Ersten Beigeordneten Patrick Anders.

Foto: Fries, Stefan (frs)

(kle) Kämmerer Martin Gentzsch hatte es vorab bereits angedeutet: Mit Blick auf die sprudelnde Gewerbesteuer kommt mehr Geld herein als erwartet, doch dies ist angesichts der finanziellen Herausforderungen kein Ruhekissen. Die Folgen der Corona-Pandemie belasten den Haushalt der Stadt noch über Jahre, wenn auch aus heutiger Perspektive nicht so stark, wie noch vor einem Jahr befürchtet. Gleichwohl sollen die Hebesätze für Grund- und Gewerbesteuer auf dem niedrigen Ratinger Niveau bleiben. Die wichtigsten Fragen und Antworten in der Übersicht:

Wie sieht das
Gesamtvolumen aus?

Der ehrgeizige Investitionsplan für die nächsten fünf Jahre enthält Maßnahmen im Gesamtwert von 245 Millionen Euro für die Bildungs-, Verkehrs- und Kulturinfrastruktur, für Klimaschutz und Digitalisierung. Das sind die Kernbotschaften, die Bürgermeister Klaus Pesch und Gentzsch bei der Einbringung des Doppelhaushalts für die Jahre 2022 und 2023 dem Rat überbrachten.

Wie hoch sind die Fehlbeträge?

Strukturell fährt die Stadt in beiden geplanten Haushaltsjahren ein Minus ein. Für 2022 ergibt sich ein echter Fehlbetrag in Höhe von 17,4 Millionen Euro, 2023 sinkt er leicht auf 14,3 Millionen Euro.

Gegenüber den Aussichten auf dem Höhepunkt der Corona-Krise vor einem Jahr bedeuten diese Zahlen aber eine Verbesserung. Damals rechnete Gentzsch noch mit weitaus höheren Fehlbeträgen in den beiden Jahren, nämlich 31,1 Millionen für 2022 und 28,4 Millionen für 2023. „Die Verbesserungen gehen in allererster Linie auf die Gewerbesteuer zurück“, sagte Gentzsch.

„Hier können wir mit rund 20 Millionen Euro mehr für das Jahr 2022 rechnen, als wir erwartet hatten.“ Bereits in diesem Jahr haben sich die Steuerzahlungen der Unternehmen deutlich gegenüber dem Corona-Jahr 2020 erholt. Gleichzeitig muss die Stadt Ratingen aber auch hohe Belastungen verkraften. Gegenüber dem Vorjahr fehlen zum Beispiel 13,8 Millionen Euro an Rückzahlungen aus der Abrechnung Fonds Deutsche Einheit, die inzwischen abgeschlossen ist.

Welche Rolle spielt die Kreisumlage?

Eine nachhaltige Belastung ergibt sich bei der Kreisumlage, und zwar paradoxerweise resultierend aus der Robustheit der Ratinger Wirtschaft in Kombination mit Einbrüchen in anderen Städten. Die Steuerkraft der Stadt Monheim sank von einem sehr hohen Niveau zum zweiten Mal in Folge ab, während gleichzeitig die der Stadt Ratingen stieg. Das führte zu einem deutlich höheren Gewicht Ratingens bei der Bemessung der Kreisumlage.

Acht Millionen Euro muss Ratingen schon in diesem Jahr mehr zahlen als bisher, 2023 sollen es noch einmal vier Millionen Euro mehr werden. Immerhin können die Fehlbeträge der Jahre 2022 und 2023 fiktiv durch Inanspruchnahme der Ausgleichsrücklage ausgeglichen werden.

Dies bedeutet, dass Ratingen für die ausgewiesenen Fehlbeträge nach wie vor keine Genehmigung der Aufsichtsbehörde benötigt. Die entsprechenden bilanziellen Reserven belaufen sich auf insgesamt 185 Millionen Euro und konnten in den vergangenen Jahren kontinuierlich erhöht werden.

Wie fällt die Analyse von Bürgermeister und Kämmerer aus?

Pesch betonte: „Weil wir in der Vergangenheit gut gewirtschaftet haben, können wir nun auch schwierige Zeiten einigermaßen unbeschadet überstehen. Es ist allerdings durchaus Besorgnis erregend, welch hohes Gewerbesteueraufkommen inzwischen nötig ist, um den Haushalt strukturell auszugleichen.“

Kämmerer Gentzsch nannte zur Bestätigung Zahlen. Man habe den Gewerbesteueransatz für die Jahre der Finanzplanung bis 2026 entsprechend den Steuerschätzungen auf Bundesebene jeweils um fünf Millionen Euro erhöht, sodass im Jahr 2026 mit 140 Millionen Euro Einnahmen kalkuliert wird.

„Erst im Jahr 2026 können wir wieder einen geringfügigen Ergebnisüberschuss ausweisen“, sagte Gentzsch. „Und das bei einem Gewerbesteueraufkommen, das wir in Ratingen erst zweimal in der Geschichte hatten, nämlich 2008 und 2019.“

Was rät der Kämmerer mit Blick auf die kommenden Jahre?

Martin Gentzsch schlug dem Rat vor, trotz des robusten Finanzfundaments der Stadt in den nächsten Jahren weitere Haushaltskonsolidierungsmöglichkeiten zu prüfen, um bei Bedarf mittelfristige Maßnahmen zur Stabilisierung des Etats frühzeitig in den Blick nehmen zu können.

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