Monheim gegen Malaria

In den Labors von Bayer CropScience werden erregerfreie Mücken gezüchtet, an denen man die Wirksamkeit von Stoffen testet.

Monheim. Dr. Günther Nentwig zuckt ein wenig zusammen, wenn von gefährlichen Tiere in den Laboren von Bayer CropScience in Monheim angesprochen wird. Der Biologe weiß, dass es sich in diesem Fall um die Mücken handelt. Genau genommen um Anopheles gambiae, die als gefährlichster Überträger der Malaria gilt. Die Krankheit wird in den Tropen durch den Stich der weiblichen Stechmücke übertragen. "Doch wir arbeiten hier mit einem erregerfreien Stamm der Weltgesundheitsorganisation WHO", beruhigt er. Mittlerweile arbeiten die Forscher und Entwickler bei Bayer CropScience mit der 93. Generation des Insektes - wobei eine Generation gerade einmal zehn Tage überlebt.

Und Bayer CropScience benötigt viele Mücken, um zielgerecht forschen zu können. Denn Malaria ist nach wie vor eine der bedrohlichsten Krankheiten in tropischen Ländern. In Afrika sterben auch heute noch mehr Kinder an Malaria als an Hunger oder Aids. Nach Angaben der WHO fallen weltweit jedes Jahr über eine Millionen Menschen der Infektion zum Opfer.

"Ein Weg, die Menschen vor den Mückenstichen zu schützen, sind Moskitonetze, die mit einem Insektizid imprägniert sind. Sobald eine Mücke das Netz berührt, nimmt sie den Wirkstoff auf und stirbt kurze Zeit später daran", erklärt Günther Nentwig.

Die erste Generation dieser imprägnierten Moskitonetze ist schon auf dem Markt. "Wir arbeiten nun an der Möglichkeit, das Insektizid in die Fasern einzuarbeiten", so Nentwig. Ein zweiter Einsatzbereich ist ein Spray, das auf Gebäudeflächen aufgetragen werden kann. Hinzu kommt auch, dass die Mücken gegen die Insektizide resistent und neue Mixturen der Wirkstoffe nötig werden.

Und genau dafür benötigt man in den Monheimer Labors Mücken der Sorte Anopheles gambiae, die alle zwei Tage Blut saugen müssen und mit 100-prozentiger Sicherheit den Menschen stechen. Es sind Insekten, deren einzige Aufgabe es ist, zu zeigen, dass sie keine Überlebenschance haben, wenn sie mit den Ergebnissen der Bayer-Forschung in Kontakt kommen.

Im Brutschrank und 33 Grad entwickeln sich die Larven im Wasser prächtig. "3000 bis 4000 Mücken benötigen wir schon pro Woche. Man sollte es nicht glauben, aber die Anopheles ist schwierig zu züchten", sagt Günther Nentwig. In hermetisch abgeriegelten Kästen warten sie dann - gestärkt durchRinderblut - auf ihren Einsatz als Versuchsmücke. "Selbst wenn bei den Versuchen eine Anopheles flüchten sollte - in unseren Breitengraden hat sie keine Überlebenschance", beruhigt Günther Nentwig das Unbehagen angesichts des sich ständig bewegenden Schwarmes.

Auch Laborant Dirk Steinacker hat keine Angst vor kleinen Tiere. Er saugt für die Testreihen immer ein paar Mücken an, setzt sie in Glasbehälter, deren Netzböden mit dem Insektizid getränkt ist. Je nach Konzentration ist das Leben von Anopheles gambiae schnell beendet.

Was in den Monheimer Labors erforscht wird, übernimmt die Weltgesundheitsorganisation, um es in der Praxis zu testen. Die WHO geht davon aus, dass durch den flächendeckenden Einsatz solcher Netze bis 500 000 Kinder im Jahr vor dem Tod durch Malaria bewahrt werden können. Vor diesem Hintergrund haben die Monheimer Mücken doch eine wichtige Aufgabe.

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