Velbert/Haan: Angeklagte bricht ihr Schweigen

Gericht: Im Prozess gegen eine Frau aus Solingen, der Untreue und Betrug vorgeworfen wird, ging es gestern um die Frage, wer wie viel Geld erhalten hat.

Velbert/Haan. Eine überraschende Wendung hat gestern der Prozess gegen eine 50 Jahre alte Frau aus Solingen genommen, die sich zurzeit wegen 70 Fällen von Untreue und Betrug an zwei Rentnerinnen aus Haan vor dem Velberter Schöffengericht verantworten muss.

Auch am dritten Verhandlungstag ging es um das Geld, das die Angeklagte von den Konten der zwei Renterinnen abgehoben hat. Wer hat es bekommen? Wofür wurde es ausgegeben? Bislang hatte die Angeklagte beharrlich geschwiegen, kein Wort zu den Vorwürfen geäußert.

Das änderte sich gestern: Die Verteidigung legte eine Aufstellung vor, mit der die Angeklagte belegen will, was mit dem Geld passiert ist, das sie von den Konten der alten Damen abgehoben hatte. Sie habe es nämlich nicht unterschlagen, sondern vielmehr zweckgemäß ausgegeben oder den Seniorinnen übergeben. Erstmals ergriff die Angeklagte das Wort und erläuterte das Zahlenwerk. Darüber hinaus stellte die Verteidigung 15 neue Beweisanträge, denen das Gericht aber nur zum Teil stattgab.

Nach Aussage der Solingerin waren die 2005 und 2006 von ihr betreute 84-Jährige wie auch die vergangenes Jahr 98-jährig verstorbene Haanerin viel großzügiger, als es deren Familien geschildert hatten. Ein Patenkind der 84-Jährigen soll 1000 Euro als Geschenk erhalten haben. Einer Freundin habe die 84-Jährige mit 1500 Euro in bar für eine Gebissreparatur unter die Arme gegriffen. Auch zwei weitere Freundinnen seien großzügig bedacht worden.

Die Angeklagte gab aber auch an, dass die Kosten zum Beispiel für Haushalts-, Pflege- und Putzhilfen entweder gar nicht berücksichtigt oder höher waren als der Enkel der Verstorbenen dem Gericht vorgerechnet hatte. "Es wäre schön und vor allem leichter gewesen, wenn Sie diese Aufstellung schon früher vorgelegt hätten", kommentierte der Staatsanwalt die Ausführungen der Angeklagten.

Der Vorsitzende Richter erinnerte daran, dass die betreffenden Frauen, die als Hilfen in den Haushalten der alten Damen tätig waren, bereits als Zeuginnen gehört worden waren. "Warum haben sie die nicht nach diesen Zahlen gefragt?", sagte er in Richtung Angeklagte und Verteidigung.

Die Kammer entschied, besagtes Patenkind sowie die benannten Freundinnen der 84-Jährigen vorzuladen. Die alte Dame, sie ist vernehmungsunfähig, wird noch einmal in ihrer Wohnung vernommen.

Der Verteidiger hatte zuvor die Zuverlässigkeit der Aussagen der mutmaßlichen Opfer angezweifelt und eine Beeinflussung durch Dritte vermutet, ohne aber die 49-jährige Bekannte der 84-Jährigen, deren Nachforschungen den Stein ins Rollen gebracht hatte, explizit beim Namen zu nennen.

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