Start in die Selbstständigkeit

Fünf junge behinderte Menschen haben eine WG gegründet. Zwei Jahre lang hatten sie nach einer passenden Wohnung gesucht.

Mettmann/Erkrath. Josefin (25) und Elisa (26) sind die Ersten, die zu Hause sind. Zu Hause, das sind 200 Quadratmeter, sechs Zimmer, zwei Badezimmer und ein offener Wohnraum mit moderner Küche und gemütlicher Sofaecke. „Kannst du mir die Haare machen?“, fragt Josefin ihre Mitbewohnerin, während die in ihrem Zimmer verschwindet. „Schminken muss ich mich auch“, ruft die Erkratherin ihr hinterher. Die beiden jungen Frauen sind aufgeregt. Sie und ihre drei Mitbewohner Matthias Schmitz, Michael Stemmer und Maik Böhmke erwarten Gäste, viele Gäste. Die Fünf-Freunde-WG feiert ihre Einweihungsparty — Eltern, Freunde, Sponsoren und Betreuer sind zu diesem Ereignis eingeladen, das ein ganz besonderes ist.

Denn zwei Jahre lang haben die Eltern der fünf jungen Erwachsenen mit Behinderung nach einer Wohnung für sie gesucht, unter anderem auch mit einem Artikel in der WZ um Unterstützung gebeten. Am Ende waren es die Eltern selbst, die in Mettmann nicht nur die ideale Wohnung, sondern in Gabriele und Wolfgang Eisfeld auch Vermieter fanden, die der Idee einer WG mit behinderten Menschen offen gegenüberstanden. „Die sind auf alle unsere Wünschen eingegangen“, ist Dorothea Pentassuglia, die Mutter von Elisa, voll des Lobes für den Vermieter, der im Erdgeschoss des zentral gelegenen Hauses bereits an eine Demenz-WG vermietet hat.

„Wir haben wirklich total lan- ge gesucht“, sagt Josefin. „Wir haben immer wieder Absagen bekommen, weil Behinderte angeblich nicht alleine wohnen können. Aber wir können alleine wohnen.“ Das zu betonen, ist ihr sehr wichtig. Elisa nickt.

Aber ganz ohne Hilfe geht es nicht. Die Hephata-Stiftung hatte von Anfang an erklärt, die ambulante Betreuung der Behinderten zu übernehmen, wenn sich ein Objekt findet. Sechs Betreuer unterstützen die fünf Bewohner dabei, selbstständig und selbstbestimmt zu leben. Sie kochen mit ihnen, organisieren Ausflüge, besprechen Probleme und sind da, wenn es den jungen Erwachsenen schlecht geht.

„Natürlich gab es am Anfang Schwierigkeiten“, sagt Ulrike Böhmke, die Mutter von Maik. „Und die wird es wahrscheinlich auch immer geben, weil alle sehr hilfsbedürftig sind. Sie brauchen im täglichen Leben viel Unterstützung.“ Dennoch ist sie glücklich, dass ihr Sohn diesen Schritt gegangen ist. „Er wird selbstständig, ist unter seinesgleichen und er redet. Das war zu Hause nicht immer der Fall“, sagt sie und lacht.

Auch Dorothea Pentassuglia ist überzeugt, dass der Auszug ihrer Tochter die richtige Entscheidung war. „Ich halte nichts davon, dass Menschen mit Behinderungen ewig bei ihren Eltern wohnen“, sagt sie — obwohl ihre Tochter nicht versteht, warum sie ausziehen musste. „Sie fühlt sich abgeschoben. Es ist schwer zu erklären, dass sie die Chance auf ein eigenständiges Leben hat.“ Sigrid Willamoski, die Mutter von Josefin, fügt hinzu: „Das war und ist die richtige Entscheidung. Unsere Kinder müssen alle selbstständig und erwachsen werden.“

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