Städte überprüfen Hochhäuser

Die meisten Städte im Kreis Mettmann sind nach den Ereignissen in London und Wuppertal sensibilisiert.

Städte überprüfen Hochhäuser
Foto: Achim Blazy

Kreis Mettmann. Wie brandgefährlich sind Hochhausfassaden? Nach der Feuerkatastrophe mit 79 Toten am Grenfell Tower in London und der Zwangsevakuierung eines 60 Jahre alten Wuppertaler Hochhauses rotieren in allen Städten des Kreises Mettmann die Bauaufsichtsbehörden.

Vor allem die Silhouette der Stadt Ratingen ist durch Hochhäuser geprägt. Schwerpunkte liegen in Ratingen West, wo allein die LEG Immobilien AG als einer der größten Eigentümer neun Hochhäuser — per Definition mit mehr als neun Stockwerken — bewirtschaftet. Keines dieser Häuser sei mit einem als feuergefährlich geltenden Wärmeverbundsystem gedämmt, teilte das Unternehmen auf Nachfrage mit. In jedem Haus gibt es rund 120 Wohnungen.

Der technische Beigeordnete Jochen Kral hat stadtweit eine Inventur der hohen Häuser veranlasst: „Wir werden alle Eigentümer anschreiben und sie auffordern, der Stadt Ratingen einen Brandschutznachweis durch einen Sachverständigen vorzulegen.“ Dass das mehrere Monate dauert, ist Kral bewusst. Er stellt sich nach einer entsprechenden Anfrage der Bürger Union darauf ein, am 11. Juli im Ratinger Stadtrat zum Thema Brandschutz in Hochhäusern Rede und Antwort zu stehen.

Ob in Erkrath, Mettmann, Ratingen, Hilden oder Haan — in anderen Städten des Kreises Mettmann genießt der Brandschutz an Hochhäusern eine höhere Priorität. Ob Bürgermeister, Dezernenten oder Feuerwehrchefs — der erste Satz in allen Gesprächen galt den Brandschutzauflagen in Deutschland, die um ein Vielfaches strenger seien als die in England.

Am Londoner Grenfell Tower waren Aluminium-Verbundplatten mit einem Kern aus Polyethylen montiert. Letzteres ist ein thermoplastischer, leicht entflammbarer Kunststoff. Er dürfte an deutschen Fassaden tatsächlich nicht eingesetzt werden. Die nicht brennbaren Matten aus Mineralwolle allerdings sind den deutschen Investoren auch zu teuer.

Deshalb haben sich Schaumplatten aus Polystyrol, im Volksmund Styropor, zur Fassadendämmung durchgesetzt. Dieser Stoff ist sehr wohl brennbar, wie aus einem Positionspapier des Feuerwehrverbandes hervorgeht. Darin sind mehr als 90 Brandfälle in Deutschland binnen der vergangenen fünf Jahre aufgeführt, mit elf Toten und 124 Verletzten. Polystyrol ist in Ratingen an zahlreichen Häusern verbaut. „Allerdings an deutlich niedrigeren Gebäuden“, sagte der Beigeordnete Jochen Kral. Bei Hochhäusern diene der Stoff höchstens zur Dämmung von Dächern. dne

Auch in Hilden und Haan ist man nach den Vorfällen in London alarmiert. „Wir haben keine Erkenntnisse, dass mit den Hochhäusern in Hilden etwas nicht in Ordnung ist“, betont Hildens Baudezernentin Rita Hoff.

Karin Herzfeld, Leiterin der Hildener Bauaufsicht, fügt hinzu: „Wir prüfen rund 30 Gebäude in Hilden — ausschließlich Altbauten, ob sie unter die Hochhaus-Vorschriften fallen. Das heißt: Wir prüfen, ob wir die Gebäude überprüfen müssen und ob und welche Dämmung angebracht wurde. Sollten sich Brandschutzmängel zeigen, werden Stadt und Eigentümer diese beseitigen.“ Bei Neubauten werde in der Baugenehmigung darauf geachtet, dass bei den Fassaden keine entflammbaren Stoffe verwendet werden.

In Haan gibt es drei Hochhäuser. „Nach Paragraf 10 Prüfverordnung NRW hat die Bauaufsichtsbehörde Hochhäuser mit mehr als 60 Meter Höhe im Abstand von sechs Jahren zu prüfen, auch den Brandschutz. Die drei Hochhäuser in Haan erreichen die Höhe von 60 Meter nicht, so dass keine Prüfpflicht besteht“, erklärte Jürgen Simon von der Stabstelle Wirtschaftsförderung in Haan. Die Baugenehmigung verpflichte die Eigentümer, die gesetzlichen Brandschutzvorschriften zu beachten. cis

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