Mettmann Andertal: Ein Fest für die Vielfalt

Mettmann. · Die Veranstalter sind mit der Resonanz zufrieden. Das Andertal-Festival lockte zahlreiche Besucher ins Museum.

  Am „Tag der Vielfalt“ gab es im Neanderthal-Museum Führungen mit Gebärdendolmetscherin Kathleen Bieling (l.) und Ute Thomaßen.

Am „Tag der Vielfalt“ gab es im Neanderthal-Museum Führungen mit Gebärdendolmetscherin Kathleen Bieling (l.) und Ute Thomaßen.

Foto: Köhlen, Stephan (teph)

Ein besonderer Museumssonntag lockte gestern unter anderen viele Familien mit Kindern ins Neanderthal-Museum: Im Rahmen des erstmals stattfindenden Andertal-Festivals wurde dort ein „Tag der Vielfalt“ angeboten, mit Führungen in verschiedenen Sprachen – von Englisch und Französisch über Niederländisch und Russisch bis hin zu Türkisch und (Hoch-)Arabisch. Es wurden aber auch Rundgänge mit Dolmetschern für Gebärdensprache angeboten.

Dreimal war das Duo aus Archäologin Astrid Bormann und Gebärdendolmetscherin Kathleen Biehling in der Ausstellung unterwegs, um gehörlosen Menschen oder solchen mit starken Höreinschränkungen die Ausstellung zu erklären. So erfuhren die Teilnehmer, dass das älteste bisher entdeckte humanoide Fossil sieben Millionen Jahre alt ist und im Tschad gefunden wurde. Oder dass die unter dem Namen „Lucy“ bei Paläontologen weltbekannte Vertreterin des „Australo piticus“ bereits den Körperbau eines modernen Menschen hatte – wenn sie auch nur rund einen Meter groß war und ihr Gesicht noch deutliche Schimpansen-Züge aufwies und sie daher daher als so genannter „Vormensch“ gilt.

Führungen regen zum Nachdenken über die eigene Identität an

„Sie beherrschte aber schon den für den modernen Menschen typischen Griff: Mit jedem Finger den Daumen einzeln berühren. Das ist die Grundvoraussetzung für die Benutzung von Werkzeugen“, erklärte Astrid Bormann diese alles entscheidenden Fähigkeit moderner Menschen. Man merkt ihr die Begeisterung für „ihr Museum“ deutlich an, wie auch den vielen freien Mitarbeiterinnen, die an diesem Tag bereitstanden, um eine Führung in ihrer Muttersprache zu begleiten.

Wie etwa Ute Thomaßen, die neben englischsprachigen Führungen auch solche in rheinischem Platt anbietet. Noch vielsprachiger ist Sara ElBattali, deren Mutter Deutsche und ihr Vater Marokkaner ist. Die Mitarbeiterin ist als Grundschulkind mit ihren Eltern nach Indien gegangen, wo sie Englisch lernte. Nach einem Jahr in Deutschland ging es dann nach Marokko, wo als fünfte Sprache Französisch dazukam. Mehr kulturelle Vielfalt geht kaum.

Das findet auch Nicole Körkel, die studierte Ethnologin, die gleichzeitig Journalistin ist und Workshops und Trainings zu kultureller Kommunikation gibt. So auch an diesem Sonntagnachmittag den dreistündigen Workshop „Vielfalt gewinnt“ für Erwachsene und Kinder ab zwölf Jahre. „Ich mische theoretische und praktische Teile miteinander. Lasse die Teilnehmer darüber nachdenken, was für sie Begriffe wie ‚eigene Kultur‘ und ‚eigene Identität‘ deuten.“ So gelange man über Universalien, die für die Menschen weltweit wichtig sind, auch zu den kulturellen Eigenheiten, die unsere Gesellschaft bereicherten, so die Trainerin.

Und „last but not least“: „Wir haben heute zwei Workshops für sehbehinderte und blinde Menschen“, so Dustin Welper, Paläontologe und Archäologe, und seine Kollegin, die Archäologin Miriam Plönißen, die zahlreiche Schädel-Kopien sowie Pflanzen und Kostproben von Rentierfleisch dabeihaben, um die verschiedenen Sinne anzusprechen. Ein rundum gelungener „Tag der Vielfalt“, fanden neben den zahlreichen Besuchern auch die Mitarbeiter des Museums.

Und so zeigten sich die Organisatoren bei einer ersten Bilanz ihres Festivals dann auch ganz zufrieden mit dem Publikumszuspruch. „Ich würde ich sagen, dass wir im mittleren Bereich liegen. Trotz etwas Pech bei den Outdoorveranstaltungen bei uns im Tal und in Bruchhausen hatten alle Veranstaltungen eine passende Zahl an Besuchern, sogar Besucher, die Wind und Regen standgehalten haben“, berichtet Caterina Klusemann vom Ausflugscafé „Neandertal No. 1“. Der Ansatz, ungewöhnliche und genreübergreifende Begegnungen zu ermöglichen, sei aufgegangen. „Das Publikum des einen Hauses hat neue Spielorte entdeckt, Künstler haben neue Zuschauer getroffen, Zufallszuhörer wurden im Wald überrascht. Und die Überraschten sowie die Stammgäste haben sich bedankt für die neuen Erfahrungen“, so Klusemann weiter. Gemeinsam mit den Constanze Backes und Body Herlyn von der Kulturvilla arbeitet sie bereits an der Festival-Fortsetzung, die 2020 „Begegnungen im Neandertal in der Vergangenheit“ beleuchten soll. Als Partner sind bereits Forscher aus dem Museum, Historiker vom Bergischen Geschichtsverein, dem Zeittunnel in Wülfrath, Gäste aus dem Kalkarbeitermuseum in Italien, der Lokschuppen, Heimatforscherin Hanna Eggerath und Künstler aus der Kunst­akademie angefragt.

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