Mettmann Thüringenwahl: Politiker im Kreis sind schockiert

Mettmann · Fraktionen distanzieren sich von Wahl und bezeichnen diese als Tabubruch. FDP fordert Kemmerichs Rücktritt.

 „Wir distanzieren uns von den Vorgängen am Mittwoch“, sagen Mettmanns FDP-Fraktionschef Müller und Ortsverbandsvorsitzende Metz.

„Wir distanzieren uns von den Vorgängen am Mittwoch“, sagen Mettmanns FDP-Fraktionschef Müller und Ortsverbandsvorsitzende Metz.

Foto: Alexandra Rüttgen

. Kaum hatte die Nachricht die Runde gemacht, zeigte sich Kerstin Griese, SPD-Bundestagsabgeordnete aus dem Kreis Mettmann, schockiert von der Ministerpräsidentenwahl in Thüringen. „Die Kooperation mit der rechtextremen ­Höcke-AfD ist ein unverzeihlicher Tabubruch.“ FDP und CDU sollten sich schämen, sagte die niederbergische Abgeordnete.

Griese kritisierte die Spitze der Bundes-CDU, dem thüringischen Landesverband den Weg verstellt zu haben. „Die CDU hätte die Möglichkeit gehabt, in Erfurt für eine demokratische Koalition zu stimmen“, sagte sie. Auch Jens Geyer, Vorsitzender der SPD im Kreis Mettmann, zeigte sich entsetzt: „Der FDP-Ministerpräsident von Thüringen wurde kalkuliert von CDU, FDP und AfD gewählt. Bei Fragen der Macht werden die Werte unserer Demokratie wohl über Bord geworfen.“ Er habe den Eindruck, dass die Bekenntnisse zum demokratischen Miteinander für CDU und FDP nur noch Lippenbekenntnisse seien. Nicht nur im Osten sei es wichtig, dass demokratische Parteien gemeinsam gegen alte und neue Nazis Flagge zeigten. Alle Demokraten müssten zusammenstehen. Wer das nicht verstehe, habe aus der Geschichte nichts gelernt.

Auch die FDP im Kreis Mettmann hatte sich zu Wort gemeldet – und vehement den Rücktritt des neuen thüringischen Ministerpräsidenten Thomas Kemmerich gefordert. „Es kann keinen liberalen Ministerpräsidenten geben, der von der AfD ins Amt gewählt wird. Thomas Kemmerich hätte die Wahl nicht annehmen dürfen“, schrieb der Kreisverband in einer Pressemitteilung, und bilanzierte: „Kemmerich soll mit seinem Rücktritt den Weg für Neuwahlen in Thüringen frei machen.“ Mettmanns FDP betonte: „Für uns als Freie Demokraten in Mettmann ist es völlig inakzeptabel, dass sich Thomas Kemmerich mit Stimmen der AfD zum neuen Ministerpräsidenten von Thüringen hat wählen lassen. Erst Dienstagabend haben Mitglieder des Vorstandes und der Fraktion der Mettmanner Liberalen vor der Neandertalhalle gegen eine Veranstaltung der AfD demonstriert. Von den Vorgängen am Mittwoch distanzieren wir uns ausdrücklich, da sie bei uns größtes Befremden ausgelöst und unsererseits in keiner Weise akzeptiert werden“, betonte Mettmanns Ortsverbandsvorsitzende Andrea Metz, und Fraktionsvorsitzender Klaus Müller ergänzte: „Wir sind als Freie Demokraten entsetzt über diese Wahl und erwarten umgehend den Rücktritt von Thomas Kemmerich als Ministerpräsidenten.“

Die Grünen im Kreis Mettmann zeigten sich ebenfalls entsetzt über die Geschehnisse in Thüringen. „CDU und FDP reißen die Brandmauer nach rechts bewusst ein. Wir fordern alle demokratischen Parteien auf, sich bei den kommenden Kommunalwahlen klar von der AfD abzugrenzen und deutlich zu machen, dass jegliche Zusammenarbeit mit den Rechtsnationalen ausgeschlossen ist.“

Mit Befremdung reagierten die Grünen auf die Aussage des CDU-Kreisvorsitzenden und Staatssekretärs Jan Heinisch, der laut einem Beitrag auf Facebook die Wahl eines Ministerpräsidenten mit Stimmen von Rechtsradikalen als Grundlage für eine Regierung sieht. Er appellierte in diesem Beitrag auch an die Grünen und die SPD, auch etwas „für unser Land zu tun“.

Ina Besche-Krastl und Andreas Kanschat, Sprecher des Kreisvorstandes der Grünen, äußern sich wie folgt zu der Thüringenwahl: „Die Parteien der FDP und CDU in Thüringen haben mit ihrer Entscheidung, gemeinsam mit der AfD einen Ministerpräsidenten zu wählen, den Schulterschluss nach rechts gewagt. Ein fataler Fehler, der nicht rückgängig gemacht werden kann. Es kann nun lediglich Schadensbegrenzung betrieben werden. Dazu muss Herr Kemmerich zurücktreten.“

Die Linke kritisierte den „politischen Dammbruch nach rechts außen“ in einer Pressemitteilung auf Schärfste: „Die Kreistagsfraktion Die Linke mahnt alle Demokratinnen und Demokraten sich klar zu positionieren und nicht als Steigbügelhalter rechtsextremer Kräfte aufzutreten! Wir alle tragen Verantwortung dafür, dass sich die Geschichte nicht ­wiederholt.“

Gestern Nachmittag kam schließlich die – auch für Mettmanns FDP erlösende – Nachricht: Die vielkritisierte Wahl des Thüringer Ministerpräsidenten wird rückgängig gemacht, der FDP-Politiker Kemmerich gibt auf. Und Parteichef Christian Lindner will am heutigen Freitag, 7. Februar, als Konsequenz im Vorstand der FDP die Vertrauensfrage
stellen. hup/Red

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