Tracing App und Zweite Welle „Maßnahmen haben Wirkung gezeigt“

Chefarzt Dr. Clemens Stock, Ärztlicher Direktor am EVK, zur Corona-Lage, einer zweiten Welle und zur App.

 Clemens Stock, Ärztlicher Direktor des EVK, veranlasste die Umrüstung der Station 3E zur Isolierstation.

Clemens Stock, Ärztlicher Direktor des EVK, veranlasste die Umrüstung der Station 3E zur Isolierstation.

Foto: teph/Köhlen, Stephan (teph)

Herr Dr. Stock, geht man durch Mettmann, kann man gut sehen, wie das öffentliche Leben fast vollständig wiederhergestellt ist. Steht die Pandemie an ihrem Ende?

Clemens Stock: Nein! Es bleibt abzuwarten, wie sich die Zahlen der Neuinfektionen entwickeln.

Viele Intensivstationen blieben leer. War alles bloß halb so schlimm?

Stock: Es ist vielmehr nicht so schlimm geworden wie anfangs befürchtet, weil in Deutschland vieles richtig gemacht wurde und die beschlossenen Maßnahmen in ihrer ganzen Summe Wirkung gezeigt haben.

Wie ist die Situation am EVK?

Stock: Insgesamt hatten wir zehn Patientinnen und Patienten in intensivmedizinischer Betreuung. Momentan wird im gesamten Krankenhaus kein Covid-19-Fall mehr behandelt.

Hätten es weniger Maßnahmen nicht auch getan?

Stock: Das ist natürlich rein spekulativ. Keiner weiß, welche Maßnahme die effektivste war: War es das Kontaktverbot, der Lockdown des öffentlichen Lebens, sind es nun die Masken oder Abstandsregelungen. Was am effektivsten war, das lässt sich schwer sagen. Auch hier gilt: Die Summe aller Maßnahmen wird am Ende dazu geführt haben, dass wir vor Szenarien, wie sie sich in Spanien, Italien oder auf anderen Kontinenten abgespielt haben, erspart geblieben sind.

Welche Rolle spielen Kinder bei den Neuinfektionen?

Stock: Weiterhin ist die Rolle von Kindern hinsichtlich Neuinfektionen unklar. Und aus diesem Grund findet ja nun eine großangelegte Studie zwischen Schulen, Kitas und Gesundheitsamt in Düsseldorf statt.

In einigen Städten wird gegen die verbliebenen Maßnahmen protestiert, was denken Sie darüber als Arzt und Hygienechef am EVK?

Stock: Den Virus zu verharmlosen oder gar als nicht existent zu bezeichnen, ist für mich nicht nachvollziehbar. Nachvollziehbar ist für mich indes aber natürlich die Betroffenheit, der Frust und die Unsicherheit. Die Einschränkungen haben natürlich negative Auswirkungen, insbesondere ökonomisch betrachtet. Auch wenn sicherlich jeder irgendwie von Corona betroffen ist, sind die Ausmaße natürlich individuell sehr unterschiedlich stark.

Wie muss das Gesundheitssystem auf eine mögliche zweite Welle vorbereitet
werden?

Stock: Aufgrund der Erfahrungen und bereits bestehenden Konzepte ist das Gesundheitssystem sicherlich relativ zügig in der Lage zu reagieren. Und ich gehe davon aus, dass die Praxen und Krankenhäuser dann auch von Anfang an über eine bessere Ausstattung als bei dem ersten Aufkommen verfügen werden.

Was halten Sie von der Corona-App?

Stock: Die Frage ist, in welchen Prozess der Quarantänegestaltung ist diese App eingebunden? Und wie verbindlich und verpflichtend ist das Ganze? Es handelt sich um einen weiteren Baustein in der Pandemiebekämpfung. Allerdings sind mir persönlich die Verbindlichkeit der dahinter liegenden Vernetzung mit dem öffentlichen Gesundheitsdienst noch nicht klar.
Eine solche App ist meines Erachtens nur sinnvoll, wenn daraus auch die Konsequenz einer Quarantäne gezogen wird, wenn ein Kontakt zum Beispiel über die Dauer von 15 Minuten hinaus stattgefunden hat.

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