Haan: Stadt bekommt jetzt Theater

Haanerin Verena Bill kommt mit Kultur. Zum Auftakt gab es eine Daria Fo-Komödie.

Haan. Antonia ist in Selbstmorden geübt: "Das Magen auspumpen ist das Schlimmste." Grund für ihre dramatischen Momente ist ihr ständig fremdgehender Mann. Er hat für seine Frau nur noch schalen Respekt übrig, errichtet - wie sie es ausdrückt - "ein Heimbordell für den Eigenbedarf" mit Schülerinnen.

Am Samstag hat das Duo Verena Bill und Michael Koenen als Theater Niederrhein im Veranstaltungssaal des Gymnasiums Adlerstraße gastiert. Das Publikum verfolgte anderthalb Stunden lang, wie sich in Dario Fos Komödie "Offene Zweierbeziehung" ein Ehepaar streitet.

Die Dynamik zeigt sich schon in der Bühnenmusik. Vom gelangweilten Mainstream-Jazz des Ehepaars wechselt sie zu Deutschrock, als sich die Beiden darauf einigen, nach Belieben andere Partner haben zu dürfen. Dabei werden die Kostüme schriller, liegen die Nerven ständig blank.

Als sie beginnt, ihn mit Geschichten von einem Verehrer zu quälen, der sie "Aurelia" nenne, hopst er in einem Anfall von Wut und Magenkrämpfen über die Bühne. Schließlich muss Antonia feststellen, dass sie die gleichen leeren Entschuldigungen spricht, die er zu Beginn des Stückes angebracht hatte.

Das Stück aus dem Italien der 80er-Jahre hat Verena Bill nur wenig modernisiert. In den politischen Anspielungen redet das Ehepaar jetzt von Angela Merkel und Hartz IV - "ansonsten sind wir sehr texttreu", sagt Koenen.

Über den ganzen Abend kommt Antonia, die Ehefrau, deutlich besser weg als ihr namenlos bleibender Mann. "Sie ist sehr sexy, ein absoluter Hingucker", findet Besucher Wolf Rübner. Das Stücke entlarve die Doppelmoral der Männer, zeige, was im wahren Leben passiert. "Toll gespielt", findet der Haaner. Das Urteil ist nicht einhellig. Drei Zuschauer verlassen den Saal, als Bill und Koenen eine längere, keifend-kreischende Passage spielen.

Bill, gebürtige Haanerin, erinnert sich, vor 15 Jahren bei einem Schultheaterauftritt an der Adlerstraße mitgewirkt zu haben: "Es war irgendwas von Ionescu". Für ihr Duo mit Koenen ist "Offene Zweierbeziehung" der Einstand in Haan. Weitere Abende sollen folgen: "Es ist der Versuch, ein permanentes Theaterprogramm in Haan zu etablieren", erklärt Koenen. "60 bis 80 Zuschauer brauchen wir dafür", kalkuliert Kulturamtsleiter Fritz Köhler. Die Reihe des Theater Niederrhein soll im Dezember mit "Rumpelstilzchen" für Kinder weiter gehen, im Februar folgt dann "Riverside Drive" von Woody Allen.

Nach herzlichem Applaus schließt der Abend. "Schön, dass die hier so was machen", sagt Rübner. So müsse man nicht nach Düsseldorf, um Theater zu erleben.

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