Haan: Kita zwischen Bücherregalen

Am Freitag schlossen Bücherei und Kindergarten einen Vertrag über ihre Zusammenarbeit.

Haan. Mit großen Augen und offenen Mündern sitzen die Kinder im Kreis und lauschen der Vorleserin. Dabei versteht die Hälfte der Kleinen vermutlich kein Wort. Denn in der Haaner Kinderbibliothek wird mehrsprachig gelesen. Natürlich auf Deutsch, aber auch auf Russisch, Türkisch oder Arabisch.

Was die Kindertagesstätte der Arbeiterwohlfahrt (Awo) Am Bandenfeld 110 und Stadtbücherei schon seit Beginn des Jahres 2008 in der mehrsprachigen Vorlesestunde anbieten, ist seit Freitag eine offizielle Kooperation - und damit ein Pilotprojekt. In ganz NRW gibt es nur in Oberhausen eine vergleichbare Zusammenarbeit zwischen einer Bücherei und einem Kindergarten.

"Wir kooperieren schon mit einer Real- und einer Hauptschule. Jetzt wollten wir das Bildungsprogramm auf eine breitere Basis stellen", sagt Bibliotheksleiterin Gabriele Schnabel, die bewusst Vorschulkinder fördern will. Denn in diesem Alter muss eine intensive Sprach- und Leseförderung stattfinden.

Dass die Wahl des Kooperationspartners gerade auf die Awo- Tagesstätte fiel, liegt nicht nur an der bewährten Zusammenarbeit beim Vorlesen. "50 Prozent unserer Kinder sind Ausländer oder haben einen Migrationshintergrund", sagt Kita-Leiterin Angelika Bachmann-Blumenrath. "Wir haben einfach Bedarf nach intensiver Sprach und Leseförderung."

Neben den Vorlesestunden mit Erzieherin Martina Fritzler und jeweils einer fremdsprachigen Mutter soll es auch Bilderbuchkinos, also Bücher mit Dias kombiniert, Elternabende in der Bücherei und Medienboxen für die Kita geben.

Doch nicht nur die Kinder sollen von der Kooperation profitieren. "Wir wollen auch den Eltern die Einrichtung Bücherei näher bringen und Hemmschwellen abbauen", sagt Bachmann-Blumenrath, und die Bücherei-Chefin fügt hinzu: "Die Eltern bringen die Kinder und holen sie ab. Wenn das Kind ein Buch ausleihen will, melden sie sich bei der Bücherei an. Und manchmal habe ich den Eindruck, dass Väter oder Mütter sich ein Buch mitnehmen, um ihr eigenes Deutsch zu verbessern."

Um zweisprachige Kinderbücher anschaffen und das kindgerechte Medienangebot noch erweitern zu können, setzt Gabriele Schnabel auf Sponsoren. "Die Stiftung Haaner Jugendförderung der Eheleute Schmitz hat uns zum Beispiel im vergangenen Jahr 1000 mehrsprachige Bücher bezahlt. Sie will uns auch in diesem Jahr weiter unterstützen."

Dass die Kinder, ob Deutsch oder eine andere Sprache, beim Vorlesen nicht alles verstehen, spielt übrigens keine Rolle. Angelika Bachmann-Blumenrath sagt: "Sie bekommen durch den Klang Zugang zu einer Sprache und schlagen Brücken. Durch Sing- und Sprechspiele werden auch Hemmungen abgebaut, selbst zu sprechen." Und in der Schule soll sich der sichere Umgang mit Sprache und dem Lesen dann in guten Noten bezahlt machen.

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