Haan: Kibiz - Eltern wollen Politiker überzeugen

Erzieherinnen und Mütter haben gestern vor der Marktpassage Unterschriften gegen das neue Kindergartengesetz gesammelt.

Haan. "Natürlich unterschreibe ich. Schließlich will ich, dass es den Kinder gut geht", sagte Elsa Brickdorf. Nein, selbst hat sie weder Kinder noch Enkel. "Aber Kinder sind doch die Rentenzahler von morgen. Die müssen von Anfang an gut betreut werden."

So wie die Pensionärin dachten viele, entsprechend füllten sich die Listen der fleißigen Unterschriftensammler, allem Nieselregen zum Trotz, rasch. Katrin Driesen-Glittenberg, Geschäftsführerin von Waldorfkindergarten- und kindertagesstätte in Gruiten, hatte die Aktion maßgeblich initiiert. Mit etwa 20 Erzieherinnen und Müttern sammelte sie um den Info-Stand vor der Marktpassage Unterschriften. "Noch haben wir die Möglichkeit, ,Kibiz’ zu beeinflussen", so ihr Credo.

Zur Erinnerung: Mit "Kibiz" wird das neue Kinderbildungsgesetz für die Kindergärten abgekürzt. Das klingt niedlich, sorgt aber für erheblichen Zündstoff. Statt wie in vielen anderen Bundesländern zumindest ein kostenfreies Kindergartenjahr einzuführen, marschiere NRW laut Katrin Driesen-Glittenberg in die Gegenrichtung: Die Annahme, dass durch Elternbeiträge 19 Prozent der Betriebskosten der Kindergärten gedeckt würden, sei völlig unrealistisch, so Driesen-Glittenberg. Tatsächlich würden landesweit im Durchschnitt lediglich 13 Prozent erwirtschaftet. Durch den Rückzug des Landes aus der Finanzierung der Betriebskosten gehe diese Differenz zu Lasten der Kommunen. Die Folge: eine Erhöhung der Elternbeiträge.

Kommunen, die wegen Finanznot unter gesetzlicher Haushaltssicherung stünden, sei es nicht einmal erlaubt, fehlende Elternbeiträge aus eigener Kasse auszugleichen. Damit treffe die Novelle vor allem sozial schwache Familien und Gemeinden. "Eine erste Hochrechnung - gesicherte Zahlen liegen noch nicht vor - ergibt, dass uns jährlich mindestens 25 Prozent an finanziellen Zuschüssen fehlen werden", sagt Katrin Driesen-Glittenberg.

"Man muss schon ein bisschen Überzeugungsarbeit leisten", so Unterschriftensammlerin Bettina Engelbertz. "Aber für die gute Sache lohnt jeder Einsatz." Das fand auch Melanie Hüttenberger. "Wir Eltern werden ja sonst nie gefragt. Denn würden wir gefragt, wüssten die Politiker, dass wir eine solche Verschlechterung bei der Betreuung unserer Kinder nicht wollen."

Neues Gesetz Hinter dem Kürzel verbirgt sich kein Vogel, sondern das neue Kindergartengesetz. Kibiz mit massiven Kürzungen bringt deutliche Verschlechterungen für die Einrichtungen, Erzieher, Eltern und Kinder. An dem landesweiten Protesttag gegen das Gesetz beteiligte sich auch der Waldorf-Kindergarten Gruiten.

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