Haan: Enkel sagt für die Großmutter aus

Gericht: Im Prozess um Untreue und Betrug wurden Zeugen gehört.

Velbert/Haan. Mit weiteren Zeugenaussagen hat das Velberter Schöffengericht am Montag den Prozess gegen eine Solingerin fortgesetzt, die zwei 84 und 98 Jahre alte Seniorinnen aus Haan um mehrere zehntausend Euro erleichtert haben soll.

Im einzelnen wirft die Staatsanwaltschaft der 50-Jährigen, die die alten Damen in deren Wohnungen betreute, für den Zeitraum von April 2005 bis November 2006 insgesamt 55 Fälle von Betrug und 15-mal Untreue vor. Die Frau soll mehr Geld von den verschiedenen Konten der Haanerinnen abgehoben haben, als tatsächlich für deren Lebensunterhalt erforderlich war und den Rest in die eigene Tasche gesteckt haben.

Am ersten Prozesstag standen die Vorgänge um die 84-Jährige im Vordergrund, die zwar gesundheitsbedingt nicht verhandlungsfähig ist, aber zu Hause vom Vorsitzenden Richter vernommen werden konnte. Gestern ging es um das zweite Opfer, das im vergangen Jahr starb und von dem es nur ein polizeiliches Vernehmungsprotokoll gibt.

Auf der Zeugenliste standen daher der seinerzeit ermittelnde Kripobeamte sowie Schwiegertochter und Enkel der Verstorbenen. Letztere zeichneten das Bild einer resoluten alten Dame, die zwar durch fortgeschrittene Erblindung und Gehbehinderung körperlich eingeschränkt, geistig aber voll der Höhe war und auch ihre finanziellen Angelegenheiten selbständig regelte. Dabei vertraute sie völlig auf die Angeklagte.

Nachdem ihre 84-jährige, ebenfalls von der Angeklagten betreute, Freundin den Verdacht von Unregelmäßigkeiten hegte, hatte sich die Ältere im November 2006 mit der Bitte um Überprüfung ihrer Konten an ihren Enkel gewandt. Dieser stellte fest, dass die Summe der Auszahlungsbeträge im Verdachtszeitraum um 50 Prozent, mehr als 11000 Euro zugenommen hatte, ohne dass eine Verwendung für die Großmutter erkennbar war.

Sparbücher waren zunächst verschwunden, das Girokonto stand mehrere tausend Euro im Minus, Rechnungen waren nicht bezahlt - was die alte Dame laut ihrem Enkel gar nicht wusste und auch niemals zugelassen hätte.

Für die von der Verteidigung angeführten größere Anschaffungen der alten Dame, wie zum Beispiel eine neue Heizungsanlage, gab es indessen keinerlei Belege.

Nachdem die Angeklagte die alte Dame nicht länger betreuen durfte und der Enkel die Kontrolle der Finanzen übernommen hatte, hätten sich die Ausgaben der Seniorin wieder auf einem erheblich niedrigerem Niveau eingependelt, so der Enkel.

Schließlich bestätigte der für die Konten beider Opfer zuständige Sparkassenmitarbeiter, dass es - entgegen früherer Gepflogenheiten - im Verdachtszeitraum erhebliche Überziehungen auf den Konten der Damen gab, die das Institut bereits stutzig gemacht hätten.

Der Prozess wird heute mit der Entscheidung des Gerichts über die Zulassung weiterer Beweisanträge der Verteidigung fortgesetzt. Im Falle der Ablehnung könnte noch heute mit den Plädoyers gerechnet werden.

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