Gruiten: Entdecker von Geschichte(n)

Die Mitglieder eines Stammtischs für Gruitener Geschichte graben Spannendes und Kurioses aus.

Gruiten. Meterweise Ordner, unzählige Fotos und Landkarten mit Gruitener Ansichten: Wenn Lothar Weller (63) im Archivschatz des Gemeindehauses stöbert, ist ein Ende so schnell nicht in Sicht.

Wo soll man auch anfangen und aufhören inmitten der vielen Geschichten, die sich um jedes einzelne Schriftstück ranken?

Vielleicht bei dem ältesten Dokument aus dem Jahre 1666, in dem die Streitigkeiten um die Fischrechte in der Düssel akribisch aufgezeichnet wurden? Arndt von der Düssel und der Herr von Schöller waren damals die Streithähne: Sie stritten solange, bis sie das Zeitliche gesegnet hatten.

Oder soll man die Geschichte doch besser von der Gegenwart bis in die Vergangenheit zurückverfolgen, denn erst vor kurzem fanden die Mitglieder des Gruitener Geschichtsstammtisches auf einem alten Hof eine Urkunde, die bereits damals alles geklärt hätte.

"Darauf war vertraglich geregelt, dass der Streit mit zwei stattlichen Forellen im Jahr hätte beigelegt werden können, die dem Herrn von Schöller für die Fischrechte zustanden", plaudert Lothar Weller aus dem Nähkästchen, das vor mehr als 300 Jahren offenbar niemand geöffnet hatte.

In mühevoller Kleinarbeit arbeiten und diskutieren sich die vier Mitglieder des Geschichtsstammtisches seit fünf Jahren durch alle Facetten der Dorfgeschichte.

Von der Historie der Gruitener Schulen über die Armenspeisung bis hin zur Tatsache, dass Napoleon höchstpersönlich den Gruitener Dorfpfarrer des nachts auf Streife durch die Straßen schickte. Bewaffnet, versteht sich - und dazu noch still und ordentlich gekleidet.

Angefangen haben die Hobbyhistoriker mit dem Aufbau des Archivs der evangelisch-reformierten Kirchengemeinde. Recht schnell wurde klar, dass sich Weltliches und Geistliches nicht trennen lassen.

"Schreiben konnte oft nur der Pfarrer, der deshalb mit allem beschäftigt war", berichtet Lothar Weller von den kirchlichen Aufzeichnungen, die er seit sechs Jahren überträgt.

Mit Begeisterung erzählt er von den kleinen und großen Geschichten und Geschichtchen, die ihn seit Jahren mit einem anderen Blick durch Gruiten gehen lassen. "Der Pfarrer war mit Eheangelegenheiten vertraut, und oft ging es auch ums liebe Geld", verrät Lothar Weller.

Dass der Pastor damals auf Lebenszeit in der Gemeinde beschäftigt war, macht ihm das Übersetzen der Protokolbücher und Synodenprotokolle heute leichter.

"Ich kenne jede kleine Eigenheit im Schriftbild. Im 20.Jahrhundert haben die Pfarrer ständig gewechselt, und ich kann mich in die Schriften nicht mehr so gut einlesen", berichtet Lothar Weller von seiner Arbeit.

Seit drei Jahren verwaltet der Geschichtsstammtisch auch das Archiv der Brüder Breidbach, die sich als Heimatforscher einen Namen gemacht haben.

Dazu kommt der Nachlass des ehemaligen Gruitener Lehrers Schuster, der die Verlegung der Düssel, den Bau der Kanalisation und den Wiederaufbau des Hauses am Quall akribisch festgehalten hat.

In den vergangenen Jahren haben auch viele Gruitener ihre alten Schätzchen zum Archiv im Gemeindehaus getragen, um sie dort für die Nachwelt aufbewahren zu lassen.

Die besonders wertvollen Stücke sind in feuerfesten Tresorschränken verstaut, um sie vor größeren Schäden zu schützen.

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