Gedenken in Mettmann Vier neue Stolpersteine erinnern

Mettmann · Der Mann mit der Kelle war auf der Oberstraße: Gunter Demnig ehrte Mettmanner, die KZ und Krieg überlebt haben.

 Evi Claßen vom Mettmanner Bündnis Toleranz und Zivilcourage begrüßte die Gäste bei der Zeremonie vor dem Haus Oberstraße Nummer 14.

Evi Claßen vom Mettmanner Bündnis Toleranz und Zivilcourage begrüßte die Gäste bei der Zeremonie vor dem Haus Oberstraße Nummer 14.

Foto: Köhlen, Stephan (teph)

Karl Wagner war ein stiller Held. Acht Jahre lang überlebte der Lehrer aus Metzkausen und spätere Angestellte im Wirtschaftsamt des Amtes Hubbelrath das Konzentrationslager Buchenwald. Seit Dienstag erinnert einer von vier neuen Mettmanner Stolpersteinen vor dem Haus Oberstraße 14 an Wagner und seine mutige Tat. Wagner rettete dem Mettmanner Metzger Wilhelm Josef Friedrich Schmidt im KZ Buchenwald das Leben.

Die drei weiteren Stolpersteine sind Wilhelm Josef Friedrich Schmidt, seiner Ehefrau Karoline Schmidt, geb. Bach und seiner Tochter Lieselotte Irma Schmidt gewidmet. Der Kölner Künstler Günter Demnig ließ die vier Stolpersteine mit Messingtafeln ins Pflaster ein. Als Erinnerung und Mahnung für nachfolgende Generationen. Zahlreiche Gäste, darunter Bürgermeisterin Sandra Pietschmann und Ratspolitiker waren zur Verlegung der Stolpersteine gekommen.

Wilhelm Schmidt war wegen
seiner Ehe „jüdisch versippt“

 Gunter Demnig ist Vorsitzender der Stiftung Spuren.

Gunter Demnig ist Vorsitzender der Stiftung Spuren.

Foto: Köhlen, Stephan (teph)

Wilhelm Schmidt war nach vielen Wendungen und wegen der Ehe mit Henriette Bach als „jüdisch versippter“ und „wehrunwürdiger“ im September 1944 im KZ Buchenwald gelandet. Ausgerechnet in einer Baracke, in der es besonders viele Todesfälle gab oder die Bewohner am nächsten Tag ermordet werden sollten. Da gehen die Erzählungen auseinander, wie Mettmanns Stadtarchivarin Marie-Luise Carl feststellte. Wilhelm war in Lebensgefahr. In einer nächtlichen Aktion holte Karl Wagner mit Helfern Wilhelm Schmidt aus der Todesbaracke. Sie nahmen seine Papiere und seine Häftlingsnummer und legten beides mit einer Leiche auf die Pritsche. Schmidt versteckten die Retter im Lager und versorgten ihn bis zur Befreiung mit Lebensmitteln.

Neben den beiden Männern erinnern zwei weitere Stolpersteine in der Oberstraße an zwei Frauen. Da ist zum einen Karoline Schmidt, geborene Bach, die Ehefrau von Wilhelm Schmidt. In der Reichspogromnacht 1938 wurde die Metzgerei von Karoline und Wilhelm Schmidt in der Oberstraße 14 in Mettmann komplett verwüstet. Am nächsten Tag wiesen Schergen der SA die Kunden ab. Die Schmidts mussten ihr Geschäft einem nichtjüdischen Metzger überlassen. Den Mietzins legten die Nazis fest. Sie mussten auf den Dachboden umziehen.

Tochter Irma Schmidt war im Juni 1944 20 Jahre alt. Ihre Schulzeit in Mettmann glich einem Spießrutenlauf. Als Halbjüdin bekam sie Repressalien der nationalsozialistisch gesonnenen Mitschüler und Lehrer zu spüren. Sie durfte nicht am Sportunterricht teilnehmen und erhielt schlechte Noten. Deshalb war sie zwischenzeitlich nach Düsseldorf gezogen, um dort die Handelsschule erfolgreich abzuschließen.

Dem wachsenden Druck entging Familie Schmidt durch Flucht über Düsseldorf nach Düren, wo sie von einem katholischen Geistlichen aufgenommen wurden. Doch sie wurden entdeckt. Vater Wilhelm kam ins KZ Buchenau. Mutter und Tochter saßen zunächst im Kölner Gefängnis Klingelpütz und wurden nach dessen Zerstörung im Januar 1945 auf einen Zwangsmarsch Richtung Olpe geschickt. Wer zu schwach war, wurde am Wegesrand erschossen.

Mutter Karoline konnte mit
ihrer Tochter Irma flüchten

Mutter und Tochter kamen ins Lager Hunswinkel, ein teilweise als KZ genutztes Arbeitserziehungslager. Als im April 1945 die US-Truppen näher kamen, sollte dieses Lager geräumt werden. Unter Beschuss gelang Mutter Karoline und Tochter Irma dir Flucht in einen Wald. Bereits am nächsten Tag hatten die Amerikaner das Lager eingenommen und beide Frauen gingen dorthin zurück.

In der Oberstraße in Mettmann kam Familie Schmidt – Vater Wilhelm, Mutter Karoline und Tochter Irma wieder zusammen.

Karl Wagner kehrte nach Metzkausen zurück und starb am 23. März 1954 im Alter von 55 Jahren. 

Evi Claßen vom Mettmanner Bündnis Toleranz und Zivilcourage dankte Günter Demnig für die Verlegung der Stolpersteine. Marianne Zacharias hat die Stolpersteine gesponsert. Beide Mettmanner Frauen eint dabei ein Motiv: Nie wieder!

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