Energie im Kreis Mettmann Verbraucherschützer erwarten „Strom- und Gaspreis-Tsunami“

Kreis Mettmann · Alarm wegen der enorm gestiegenen Energiepreise: Viele Kunden werden Nachforderungen nicht zahlen können.

 Die Preise für Strom und Gas sind stark gestiegen. Für 2021 drohen manchem Nachzahlungen in vierstelliger Höhe.

Die Preise für Strom und Gas sind stark gestiegen. Für 2021 drohen manchem Nachzahlungen in vierstelliger Höhe.

Foto: dpa/Sina Schuldt

Andreas Adelsberger sieht den Strom- und Gaspreis-Tsunami schon kommen. Von Februar bis Juni rechnen die Energieversorger ab, was sie im Vorjahr geliefert haben. Bei vielen Mietern und Hauseigentümern werden die bereits geleisteten Vorauszahlungen bei weitem nicht reichen. „Nachzahlungen in vierstelliger Höhe sind keine Seltenheit“, warnt Adelsberger, der die Außenstelle der Verbraucherzentrale in Velbert leitet und schon seit Wochen fast ausschließlich mit den senkrecht durch die Decke gegangenen Energiepreisen zu tun hat: „80 bis 90 Prozent meiner Beratungsgespräche drehen sich zur Zeit um dieses Thema.“

In Kürze will die Verbraucherzentrale die Anbieter von Strom und Gas zu mehr Langmut im Umgang mit klammen Kunden auffordern. Was bislang die Weihnachtsruhe war – zum Fest werden Strom und Gas niemals abgestellt – soll nun für viele Monate gelten.

Im Geschäftsverhältnis zwischen Verbrauchern und Versorgern beobachtet Adelsberger „zurzeit einen enormen Wildwuchs“. Ob dabei allein die Billiganbieter kundenunfreundlich und lokale Stadtwerke die guten Unternehmen seien, das könne man gar nicht sagen. Unternehmen beider Welten hätten bereits versucht, die mit den Kunden vereinbarten Vorauszahlungen unangekündigt zu erhöhen. „Das ist verboten“, sagt Adelsberger, wurde aber gemacht. Und als die von ihm beratenen Kunden den Dauerauftrag stornierten und nur die Vorauszahlung in der ursprünglichen Höhe überwiesen, kam das Geld manchmal postwendend zurück. „So versuchte man die Verbraucher in Verzug zu setzen.“

Nur in zwei Fällen dürften Abschlagszahlungen angehoben werden: Bei ordentlich angekündigten Preiserhöhungen für Strom oder Gas – oder nachdem Versorger und Verbraucher bei der Jahresabrechnung festgestellt haben, dass deutlich mehr Energie verbraucht wurde, als vorhergesagt. Stets müsse ein Versorger den Kunden über Veränderungen informieren.

Für die 2022er-Jahresabrechnungen haben die Strom- und Gas-Sparfüchse der Verbraucherzentrale eine Reihe einfacher Kniffe, um den Energieverbrauch zu senken. Beispiel: Muss ein Untertisch-Heißwassergerät in der Küche 24 Stunden am Tag laufen – oder kann es über Nacht abgestellt werden? Muss der Boiler fürs Duschwasser so heiß eingestellt werden, dass man immer Kaltwasser beimischen muss – oder lässt sich eine optimale Temperatur fürs Duschwasser; nicht zu heiß, nicht zu kalt – aber deutlich unter dem Maximalwert?

Für die Jahresendabrechnung 2021 kommen solche Hinweise zu spät. Wie sollen Menschen einer gepfefferten Nachforderung umgehen – vor allem, wenn sie kaum finanzielle Spielräume haben? „Generell sitzen die Energieversorgen an einem ziemlich langen Hebel“, warnt Andreas Adelsberger. Vor allem die Billiganbieter seien nicht verpflichtet, Ratenzahlungen anzubieten. Sie dürfen auf einer ungeteilten Nachzahlung bestehen. 

„Wer seine Storm- oder Gasnachzahlungen nicht aufbringen kann, muss auf jeden Fall mit seinem Versorger kommunizieren“, rät Adelsberger. Einfach die Zählerstände nicht abzulesen, das bringe nur weitere Probleme. „Denn dann wird der Verbrauch geschätzt und liegt möglicherweise über der verbrauchten Energie-Menge.“ Wer die Nachzahlung für Strom oder Gas nicht berappen kann, solle die Schuldnerberatung aufsuchen. Alternativ können Menschen, die Sozialleistungen beziehen, beim Jobcenter oder Sozialamt um einen Energie-Kredit bitten.

Einzig jene Kunden, die bei Billiganbietern bereits gekündigt wurden – und nun zu deutlich höheren Konditionen bei den Grundversorgern überwintern, haben eine Chance, im direkten Kontakt mit ihrem Versorger aus der Schieflage heraus zu kommen. „Die Grundversorger sind seit Neuestem dazu verpflichtet, mit Kunden in Geldnöten eine Abwendungsvereinbarung zu treffen.“ Damit soll die Strom- und Gassperre abgewendet werden, die ansonsten säumigen Zahlern rasch droht. „Dann kann die Nachzahlungen in mehreren Raten abgezahlt werden.“ Kunden sollten nach dieser Möglichkeit fragen.

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