Die Region hat bis Oktober ihren eigenen Stadtschreiber

Dimitri Manuel Wäsch aus Viernheim schlüpft in die Rolle des mittelalterlichen Schreibers. Möglich wird das durch ein Stipendium.

Die Region hat bis Oktober ihren eigenen Stadtschreiber
Foto: Stephan Köhlen

Kreis Mettmann. Noch vor wenigen Jahrhunderten hatte jede Stadt ihren eigenen Stadtschreiber. Das Wort klingt jedoch nicht so gewaltig, wie die Aufgabe, die dahinter steckte. Der Stadtschreiber stand früher an der Spitze der Verwaltung und galt als oberster städtischer Beamter. Damit gehörte er zu den mächtigsten Männern der Stadt. Die Position war begehrt — das gute Gehalt, ein großer Aufgabenkreis, die hohe Verantwortung und ein hohes Ansehen zogen viele Bewerber an.

Dimitri Manuel Wäsch ist nun so etwas wie ein moderner Stadtschreiber. Als einer von zehn vom Kulturministerium des Landes Nordrhein-Westfalen ausgewählten Regionsschreiber ist er nun von Juli bis Oktober für das Bergische Land mit den Städten und Kreisen Wuppertal, Remscheid, Solingen, Rheinisch-Bergischer Kreis, Oberbergischer Kreis und Kreis Mettmann in der Region unterwegs. Sein Ziel: Er möchte viele Eindrücke sammeln und über den Alltag aber auch die kulturelle Vielfalt in unserer Region schreiben.

In Form eines Stipendiums erhält Dimitri Manuel Wäsch für seine Tätigkeit eine monatliche Förderung in Höhe von 1000 Euro und einen Wohnsitz in Mettmann. Seit zehn Tagen wohnt er in einem Ferienappartment auf einem Mettmanner Bauernhof.

Seine Texte präsentiert er als Blog im Internet (siehe Ende des Artikels) sowie bei Lesungen. Der 27-jährige Wäsch stammt aus Viernheim im Rhein-Main-Gebiet. Seit fünf Jahren lebt er in Wien, wo er den Studiengang Psychologie mit dem Bachelor abgeschlossen hat. „Therapeut wollte ich aber nie werden“, sagt Wäsch, der seine Stärken vor allem in der Kommunikation mit Menschen sieht. Im Studium hat er gelernt, wie man Menschen interviewt, auf sie eingeht, sie ernst nimmt und auch mal hinter die Fassade blicken kann.

Dimitri Manuel Wäsch, Stadtschreiber

Ablenken lässt sich Wäsch, der auch gerne Gitarre spielt und deutsche Chansons singt, nicht gerne. Sein Mobiltelefon ist den ganzen Tag über so eingestellt, dass er nicht erreichbar ist. Er schaut auch nicht drei Mal pro Stunde bei Facebook nach, was seine Freunde gepostet haben.

Am Bergischen Land reizt ihn vor allem die Kombination von Natur und Stadt. „In Wien leben 1,8 Millionen Menschen, das ist eine Metropole“, sagte Wäsch gestern bei seiner Vorstellung im Mettmanner Stadtgeschichtshaus. Er merkt nun schon, dass er weit ab vom Großstadtstress immer mehr abschalten kann und langsam seine innere Ruhe findet.

Neugier und Kreativität gehören zu seinen Stärken. Was er wann und wie viel er schreibt und liest — das steht im völlig frei. „Kreativität kann man nicht erzwingen, das kommt von ganz alleine“, sagt Wäsch. Von Dröppelmina und Klatschkäse hat er vorher nur mal was gelesen, Waffeln und Kaffee schmecken ihm aber gut. „Dimitri ist ein Mensch, der schnell Anschluss findet“, stellt Maike Utke, Kulturkoordinatorin für das Bergische Land, fest. So hat er sich mit den Schauspielern der Biennale schon auf ein Bier getroffen und beim Verein Mettmann-Sport zusammen mit Flüchtlingen Fußball gespielt.

Zwei Lesungen seiner fertigen Texte sind für September und Oktober geplant, in Mettmann soll noch eine hinzukommen.

stadt-land-text.de

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