Die Eisenbahn rollt auf Mutters Besenstil

Der Vorsitzende des Seniorenrats, Manfred Dietzler, erzählt aus seiner Kindheit.

Erkrath. Wenn man Manfred Dietzler fragt, wie Weihnachten in seiner Kindheit gefeiert wurde, fällt dem Vorsitzenden des Seniorenrats vor allem eines ein: "Es wurde mehr in der Familie gefeiert. Alle waren zusammen", erinnert er sich. Die ersten Weihnachtsfeste nach 1945 standen ganz im Zeichen des Mangels. "Das war schlimm nach dem Krieg", sagt der damals Siebenjährige. "Es wurde gefeiert, wie man es gerade hatte" - und meistens hatte man wenig.

Trotz aller Not hatte das Weihnachtsfest seine festgelegten Rituale. "An Heiligabend gingen alle erst einmal der Reihe nach baden", erzählt Dietzler. Erst die Kinder, dann der Vater und zuletzt die Mutter. "Die hat das letzte Wasser gekriegt."

Im Gegensatz zu heute sei Heiligabend eher ruhig verlaufen. Bei Dietzlers ging die Familie am 24.Dezember früh zu Bett, "denn um drei Uhr morgens war schon wieder Wecken für die Christmette", so Dietzler. Mitten in der Nacht zogen die Erkrather in die Kirche, zu den Klängen eines Trompeters. "Der stand immer oben im Kirchturm und spielte Weihnachtslieder."

Im Erkrath der Nachkriegsjahre fand die Bescherung erst am 25. Dezember statt. "Für uns Kinder stand das Schenken nicht so im Vordergrund", sagt Dietzler. "Es war ja nichts da." Meist gab es von den Eltern etwas Einfaches. Dietzler erinnert sich noch gut an eine selbst gebaute Eisenbahn, die er vom Vater bekam. Für die Räder musste Mutters Besenstiel herhalten. "Das war was unterm Weihnachtsbaum."

Bei den eigenen Kindern und besonders bei den Enkeln erlebte der 69-Jährige dann, wie nach und nach die Geschenke immer größer und teurer wurden. "Je älter ich wurde, um so mehr habe ich zu schätzen gelernt, was die Eltern auf sich genommen haben, um uns so ein Fest zu organisieren", sagt er anerkennend.

Für das festliche Weihnachtsmahl am ersten Feiertag wurden Wochen im Voraus die Lebensmittelmarken zusammengespart und viele Zutaten "organisiert", wie Dietzler es beschreibt. "Entweder gab es Huhn oder Kaninchen." Die Tiere mussten das ganze Jahr über gehegt und bewacht werden. "Bis 1948 haben wir die bei Dunkelheit in die Wohnung geholt", sagt er lachend. Nur so habe man verhindern können, dass der kostbare Weihnachtsbraten über Nacht verschwand.

Auch heute, mit 69 Jahren, ist Weihnachten für Manfred Dietzler vor allem ein Familienfest, das er besinnlich mit seinen Töchtern und den vier Enkeln feiert. Da ist der ehemalige Feuerwehrchef von Erkrath Traditionalist. "Ich möchte von diesem alten Brauch nicht lassen."

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