Besuchsdienst für ältere Mieter: Lebenshilfe vom Vermieter

Der Bauverein begegnet dem demografischen Wandel mit einem Besuchsdienst. Dabei sollen Probleme der Mieter gelöst werden.

Mettmann. Eine alte Dame hat zwei Jahre lang mit niemandem gesprochen, außer mit der Kassiererin im Supermarkt. Ein betagter Herr lebte seit Monaten im Dunkeln, weil er Mahnungen für die Stromrechnungen übersehen hatte und nicht wusste, an wen er sich wenden sollte. Eine 93-jährige Berlinerin stellt jeden Morgen ein Schälchen Erdnüsse auf den Balkon. Die Vögel sind ihre einzigen Besucher.

Wenn Bodo Nowodworski diese Geschichten erzählt, weiß er, dass sich dahinter mehr verbirgt als medienwirksame Schicksale. „Von derart extremen Fällen habe ich hier in Mettmann zwar noch nichts gehört, was aber nicht heißt, dass es das hier nicht gibt“, stellt er klar. Seit Nowodworski den Bürgermeisterschreibtisch gegen ein Büro beim Mettmanner Bauverein (mbv) getauscht hat, beschäftigt er sich mit dem demografischen Wandel. Kürzlich hat er dem Vorstand ein neues Konzept vorgelegt.

Ein erster Schritt ist nun der Einsatz von Christraut Hekers. Seit Anfang Februar ist sie für den Bauverein unterwegs, um ältere Mieter in ihren Wohnungen zu besuchen. Sie kennt nicht nur viele Mettmanner aus ihrer Zeit als Mitarbeiterin der örtlichen AOK, sondern auch deren Probleme.

„Unsere Mieter sind begeistert von dem Angebot. Viele können so ihr Herz ausschütten“, sagt Nowodworski. Ein Plauderstündchen sei das Angebot aber nicht. „Wir wollen herausfinden, ob irgendwo Hilfe nötig ist und wie ein entsprechendes Netzwerk aufgebaut werden kann“, erläutert Nowodworski.

Manchmal gehe es um bauliche Maßnahmen, in anderen Fällen seien eher Isolation und Vereinsamung das Problem. „Wir sind im Kontakt mit der städtischen Pflegeberatung, den Wohlfahrtsverbänden und der Freiwilligenzentrale“, sagt er.

Auch Nachbarn sollen für ehrenamtliche Hilfsdienste gewonnen werden. „Aber auch eine zu hohe Dusche kann für ältere Menschen ein großes Problem sein“, weiß er. In solchen Fällen folge meist eine Besichtigung und, wenn möglich, ein Umbau. „Sanierungen machen wir bislang meist auf Zuruf, oder wenn jemand auszieht.“ Das soll sich ändern.

In Kürze soll der Gebäudebestand des Bauvereins komplett erfasst werden: Gibt es einen Aufzug, einen barrierefreien Zugang und ausreichend große Badezimmer? Wie groß ist die Wohnung? Hat sie einen Balkon und eine Gegensprechanlage?

In einem Computerprogramm sollen Details aufgenommen und ausgewertet werden. „Erst dann wird klarwerden, welche Investitionen nötig sind, um die Wohnungen für die Bedürfnisse herzurichten“, sagt Nowodworski, räumt aber ein: „Die notwendigen Sanierungen sind teuer und dennoch sollen die Mieten bezahlbar bleiben.“

Und noch etwas bereitet dem mbv Sorgen: Viele Häuser aus den 50er- und 60er-Jahren entsprechen nicht mehr den modernen Anforderungen. Eigentlich müsste neu gebaut werden, aber die daraus resultierenden Mieten können viele, vor allem ältere Menschen, nicht bezahlen. Der soziale Wohnungsbau sei derzeit praktisch „tot“, rentables Bauen bei den gesetzlichen Anforderungen und den festgelegten Mietobergrenzen nicht möglich. Nowodworski: „Eine Patentlösung haben wir noch nicht.“

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