Ausflüge in die Stadtgeschichte: Heresbachs Hinterlassenschaft

Der berühmte Sohn der Stadt hat über ein Thema geschrieben, das heute im Rathaus immer wieder diskutiert wird: Taubenkot.

Mettmann. Geht es im Mettmanner Rathaus um Tauben, steht Ärger ins Haus. „Ratten der Lüfte“ werden sie von denen genannt, die sich an den Hinterlassenschaften der gefiederten Stadtbewohner stören. Einer, der für dieses Geschrei überhaupt kein Verständnis hat, wäre Konrad Heresbach gewesen. Im Gegenteil, der vor beinahe 500 Jahren auf gleichnamigem Gut geborene Gelehrte hätte sich vermutlich lautstark zu Wort gemeldet.

Er hätte uns vermutlich alle in Erstaunen versetzt mit seinem Vorschlag, die Stadt mit Taubenhäusern zu bestücken. Wer Taubenmist verkaufen kann, braucht das Tafelsilber nicht anzutasten: Das hätte Heresbach uns allen geraten. Und das wäre keineswegs nur das übliche Geschwätz eines Querulanten oder eines rührseligen Tierschützers gewesen.

Als erster deutscher Verfasser eines landwirtschaftlichen Buches hätte er sich dabei nämlich auf sein eigenes wissenschaftliches Werk berufen können. Nein, auch wenn es in Anbetracht des mittelalterlichen Erscheinungsdatums einen eher rustikalen Inhalt vermuten lässt: In Heresbachs „Rei Rusticae libri quatour“ — das leider erst 1750 und damit post mortem erschien — stand keineswegs nur Mist. Dafür war gleichnamigem Abfallprodukt ein ausschweifendes Kapitel gewidmet.

Darin ließ der gelehrte Konrad seine Ahnen sprechen. Cato, Varro und Columella — allesamt römische Schriftgelehrte — priesen den Taubenkot schon in der Antike. Heresbach konnte den diversen Hinterlassenschaften von Mensch und Tier offenbar so einiges abgewinnen. Jedenfalls stellte er eine Hitliste auf, in der der Taubendreck ganz oben rangierte — gefolgt von den menschlichen Stoffwechselprodukten und dem Kot der Vierbeiner.

Seine Forschungen hatten ergeben, dass die alten Römer in Sachen Taubendreck „Sch. . . zu Gold“ machen konnten. Nicht nur die gemästeten Tauben erwiesen sich auf den Märkten des Weltreiches als einträglich, auch der nährstoffreiche Mist avancierte zur begehrten Handelsware.

Skeptisch sah er die Rentabilität menschlicher Fäkalien auf den Feldern rings um Gut Heresbach: „Sie sind hitziger Natur und sollten mit Wirtschaftsabfällen gemischt werden, da sie sonst das Land verbrennen“.

Direkt nach dem Menschen kam für Konrad Heresbach übrigens der Esel. „Das Tier kaut sein Futter am langsamsten und verarbeitet es zu einem nützlicheren Stoff als das Pferd“. Bei vor den Karren gespannten Zugtieren überkamen den Gelehrten ohnehin Zweifel. Offenbar kann hinten nichts Gutes rauskommen, wenn man nur im Stress ist.

Übrigens: Gegen Wildpinkler hatte der berühmte Sohn der Stadt nichts. Er wird Ihnen wohl den direkten Weg in den Garten gezeigt haben: „Am allerbesten für Wein und Obst ist menschlicher Harn, besonders für den Wohlgeschmack der Früchte.“ Optimal wäre es gewesen, diesen mindestens sechs Monate gären zu lassen. Aber das ließ sich vermutlich nicht immer einrichten.

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