Mettmann Wie lebt eine Familie in Quarantäne?

Mettmann/Erkrath. · 14 Tage lang durften Heike Meerskamp und ihre Tochter das Haus wegen Corona nicht verlassen.

 Auch in Quarantäne muss für die Schule gelernt werden, dann eben am Küchentisch.

Auch in Quarantäne muss für die Schule gelernt werden, dann eben am Küchentisch.

Foto: Heike Meerskamp (Name geändert)

Und irgendwann werden selbst die Kinder hellhörig. „Wenn meine Tochter gehustet hat, dann hat sie gleich gerufen, ,Mama, ich hab’ mich nur verschluckt’“, erzählt Heike Meerskamp (Name von der Redaktion geändert). Sie und ihre Tochter im Grundschulalter gehören zu den Menschen, die in der Stadt Erkrath wegen des Verdachts auf eine Infektion mit dem Coronavirus unter Quarantäne stehen.

Ihr Name ist geändert, ihre persönlichen Angaben ebenfalls, um negative Folgen für sie und ihre Familie auszuschließen. Ihre 14-tägige „Absonderung“, so heißt es im Beamtendeutsch, wird Freitagnacht, 24 Uhr, beendet sein. Denn weder sie noch ihr Ehemann oder ihre Kinder haben in den vergangenen zwei Wochen Symptome gezeigt. Sobald das Erkrather Ordnungsamt grünes Licht gibt, dürfen Mutter und Tochter die Wohnung daher wieder verlassen. Dann enden 14 Tage Quarantäne.

Vor zwei Wochen sah die Lage noch ganz anders aus. Heike Meerskamp hatte eine Freundin gemeinsam mit ihrer Tochter besucht und sie bei der Verabschiedung umarmt. Diese Freundin rief sie später abends an: Sie war positiv getestet worden, hatte sich mit dem Coronavirus angesteckt. Auch Heike Meerskamp griff daraufhin zum Hörer, um sich Rat und Hilfe zu holen. „Das war eine spannende Nacht“, sagt sie.

Bange Zeit verbrachte sie in der Warteschleife der Ärztlichen Notrufnummer 116 117, um nach gut einer Stunde des Ausharrens endlich ihren Fall schildern zu können. Gegen 0.30 Uhr rief sie dann ein Arzt zurück, „der mir gesagt hat, wie ich mich zu verhalten habe“. Am nächsten Tag nahm sie, wie vom Arzt geraten, Kontakt zum Gesundheitsamt des Kreises Mettmann auf. „Die waren da alle sehr, sehr freundlich.“ Mutter und Tochter wurden unter Quarantäne gestellt. Die Wohnräume und der Garten waren für 14 Tage ihr Refugium.

Willkommene freie Zeit? „Nein, es ist schon etwas anderes, wenn man 14 Tage Urlaub hat oder zwei Wochen wirklich zu Hause bleiben muss“, sagt sie. „Corona, das war immer so weit weg. Und dann hab’ ich gedacht, ups, jetzt bist du mit im Boot.“ Dann folgte die Sorge um ihre Kinder. „Ich dachte, hoffentlich stecken sie sich nicht an.“

Den Kindern haben sie und ihr Mann erklärt, dass die Quarantäne „erst mal eine Vorsichtsmaßnahme ist“. Doch auch die Kinder wurden nachdenklich, fragten, „was ist, wenn wir das kriegen?“ Ihr Fall wurde amtlich. Eine Ordnungsverfügung landete in ihrem Briefkasten, in der das Ordnungsamt der Stadt Erkrath genau erläuterte, worin ihre Pflichten bestehen. Heike Meerskamp meldete sich bei ihrem Arbeitgeber krank. Der Arbeitgeber des nicht als Verdachtsfall geltenden Ehemannes stellte ihn für eine Woche frei, und auch Sohn und Tochter blieben zu Hause, lernten den Schulstoff aus ihren Büchern.

Hamsterkäufe hält Heike Meerskamp für unnötig

„Das Gesundheitsamt ruft seither täglich an, fragt nach möglichen Symptomen und ob wir was brauchen“, erzählt sie. Und obwohl sie vorher keine Hamsterkäufe gemacht hat – „ich halte das auch jetzt noch nicht für nötig, wir sind ja nicht mehr im Mittelalter. Da braucht man ja nur auf die Online-Seite des Supermarktes zu gehen und was zu bestellen“ – war die Familie mit den eigenen Vorräten gut versorgt. Auch deshalb, weil der Ehemann nicht unter Quarantäne stand und nötige Einkäufe noch erledigen konnte.

Täglich musste Heike Meerskamp für sich und ihre Tochter ein medizinisches Tagebuch führen, Fieber messen und eintragen, ob sie Kopf- oder Halsschmerzen haben. Ansonsten: öfter mal Langeweile, vor allem bei den Kindern. „Man macht Dinge, zu denen man sonst nie kommt, wie Keller aufräumen oder Papiere sortieren.“

Doch das reicht nicht als ­Tagesbeschäftigung: „Die Kinder sind nicht ausgelastet. Sie sind abends länger wach, weil sie nicht müde sind. Man kann ja seine Kinder nicht 13 Stunden vor den Fernseher setzen.“ Also hat die Familie gebastelt, Legosteine zusammen gebaut, Gesellschaftsspiele gespielt oder gemeinsam gebacken.

Über die Witzchen zu Corona, die via Whatsapp ihre Runden machen, kann Heike Meerskamp immer noch lachen. „Panik ist der falsche Weg“, sagt sie. Doch größere Ansammlungen von Menschen werden sie und ihre Familie erst einmal meiden. Ihrer an Corona erkrankten Freundin „geht es von Tag zu Tag besser, sie musste nicht ins Krankenhaus.“

Heike Meerskamp freut sich auf das Ende der Quarantäne: „Ich glaube, das Erste, was wir machen, ist erst mal einen ausgiebigen Spaziergang. Einfach raus.“

(arue)
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