Wahlsieg von Noll ist nur ein schwacher Trost

Nach der Bundestagswahl ziehen die Parteien eine erste Bilanz. Das Abschneiden der AfD bereitet CDU, SPD, Grünen und FDP Sorgen.

Wahlsieg von Noll ist nur ein schwacher Trost
Foto: Matzerath

Langenfeld/Monheim. Betretene Gesichter bei den beiden Volksparteien, Entsetzen über den Einzug der AfD als drittstärkste Partei in den Bundestag. Diese deutschlandweit vorherrschende Gemütslage spiegelt sich nach den Wahlergebnissen vom Sonntag auch in Langenfeld und Monheim wider. Die CDU hat immerhin den Teilerfolg, dass ihre Direktkandidatin Michaela Noll zum vierten Mal in Folge den Wahlkreis 104 geholt hat.

„Das Ergebnis ist mit Sicherheit nicht zufriedenstellend“, sagte gestern Bürgermeister Frank Schneider (CDU). Am Abend zuvor hatte er schon bei den ersten bundesweiten Hochrechnungen in Anbetracht der hohen Stimmenverluste der Christdemokraten das Gesicht verzogen. „Das ist eine klare Niederlage. Ich hoffe, dass meine Partei daraus lernt.“ Als Minuspunkte der Großen Koalition von CDU und SPD nannte Schneider den Umgang mit den Themen Innere Sicherheit, Altersarmut und Abgasskandal. „Viele Bürger haben das Gefühl, dass die CDU gar keinen Blick auf offenkundige Probleme hat.“ Mit 37,1 Prozent der Zweitstimmen lag die CDU in Langenfeld nicht nur weit unter dem Ergebnis von 2013 (46,4%), sondern auch unter denen der jüngsten Landtagswahl (38,5%) und erst recht der Kommunalwahl (50,9%).

Auf kommunaler Ebene muss sich vor allem die Langenfelder SPD Sorgen machen, deren Vorsitzende Heike Lützenkirchen sich als Gegnerin der Groko vor vier Jahren bestätigt sah. Zwar lagen die Sozialdemokraten in Langenfeld mit 21,1% der Zweitstimmen annähernd auf dem Niveau des SPD-Gesamtabschneidens (20,5%), spüren aber den heißen Atem der FDP (16,6%), die in zwei der 22 Wahlbezirke (Wiescheid, Langenfeld-Mitte/Vogelsiedlung) sogar vor der SPD lag.

Die AfD, deren Direktkandidat Martin Renner (Haan) über die Landesliste in den neuen Bundestag einziehen wird, blieb in Langenfeld mit 8,6% der Zweitstimmen hinter dem Bundesschnitt zurück. Zweistellige Prozentzahlen (10,0-11,1) erreichte die AfD im Martinsviertel und drei weiteren Immigrather Wahlkreisen. Bei der Kommunalwahl 2014 war die AfD in Langenfeld nicht angetreten.

Eine „Klatsche“ nennt Monheims CDU-Chef Lars van der Bijl das Gesamtergebnis seiner Partei. Es habe ihn überrascht, weil alle Prognosen komfortable 40 Prozent ankündigten. Die Gründe sieht er im Umgang der Regierungspartei mit dem Dieselskandal und der Flüchtlingsfrage. „Einerseits rettet Frau Merkel auf dem G8-Gipfel die Welt, aber bei den brennenden Themen fühlten sich die Menschen allein gelassen“, vermutet er.

SPD-Chef Norbert Friedrich begrüßt, dass Martin Schulz einer Fortsetzung der Großen Koalition eine Absage erteilt hat. „In der Vergangenheit haben wir immer den Kürzeren gezogen.“ Der studierte Historiker sieht aber die zunehmende Aufsplitterung der Parteienlandschaft mit Sorge, erinnert an die Weimarer Republik. Er bedauert, dass der SPD-Kandidat Niklaus in diesem „für uns schwierigen Wahlkreis“ keine Chance hatte.

Grünen-Chef Norbert Stapper sieht „mit freudiger Erwartung in die Zukunft“. Nach den schlechten Umfragewerten habe ihn das Ergebnis „positiv überrascht“. Die Bildung einer Jamaika-Koalition erfordere zwar viele Kompromisse, aber bei Atomausstieg und Flüchtlingskrise habe Kanzlerin Merkel ja geradezu sehr Grünen-affine Positionen umgesetzt. Auch die FDP propagiere traditionell die offene Gesellschaft. Das Erstarken der AfD auch in Monheim erfüllt Stapper mit Schrecken. Er fügt aber hinzu, dass vom Reichtum der Stadt eben nicht alle profitierten.

„Dass die AfD gerade in Monheim das zweitstärkste Ergebnis hat“, erschreckt Bürgermeister Daniel Zimmermann (Peto). Er will im nächsten Haushalt ein größeres Budget für Anti-Rassismusprojekte und mehr kulturelle Begegnung zur Verfügung stellen. „Immerhin zwei Drittel der AfD-Wähler sind Protestwähler, die muss man zurückgewinnen können.“

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