Trügerische Gewinne

Seniorin wurde am Telefon abgezockt. Wie ihr erging es im vergangenen Jahr 1.000 Langenfeldern.

Langenfeld. Als Hildegard Hörster (Name geändert) den Telefonhörer abnahm, ahnte sie nicht, in welche Falle sie wenig später tappen würde. Die Stimme am Telefon klang höflich, das Angebot des Mannes seriös und die Erläuterungen nachvollziehbar, erinnert sie sich heute. Sie habe die einmalige Chance, an mehreren Gewinnspielen teilzunehmen, die große Gewinnausschüttung sei ihr garantiert. Dafür müsse sie lediglich 55 Euro im Monat zahlen.

„Ich dachte, das kann doch nicht gelogen sein und gab meine Kontodaten preis“, sagt die 66-Jährige. „Das dies ein Fehler war, stellte ich erst zwei Monate später fest.“ Hörster schickte der Firma ein Kündigungsschreiben und stornierte den Bankeinzug. „Damit war für mich die Sache vom Tisch“, sagt sie. Doch gut zweieinhalb Jahre später der große Schock: Ein Inkassounternehmen forderte rund 300 Euro ein. Die Kündigung sei niemals bei der Firma eingegangen, hieß es.

Hörster wandte sich an die Verbraucherzentrale Langenfeld. „Meine Rechtsschutzversicherung wollte den Fall nicht übernehmen“, sagt die Seniorin. In der Beratungsstelle der Verbraucherzentrale machte Leiterin Constanze Niepenberg der Frau Hoffnung.

„In 90 Prozent der Fälle gelingt es uns, die Forderung zurückzuweisen“, sagt sie. Zum einen wolle die Verbraucherzentrale darauf pochen, dass Hörster am Telefon getäuscht wurde, zum anderen sei sie nicht schriftlich über das 14-tägige Widerrufsrecht aufgeklärt worden.

Dass ein Fall vor Gericht lande, komme „so gut wie nie“ vor. „Auf einen Prozess lassen es die Betrüger nicht ankommen. Die bekommen ihr Geld auch so“, sagt Niepenberg. Denn die meisten Betrogenen wehren sich nicht gegen die Abzocke, sie bezahlen ihren monatlichen Beitrag weiter, ohne die versprochene Gegenleistung zu bekommen.

Kriminalhauptkommissar Rainer Herbrand kann das an einem Beispiel belegen: Bei einem Betreiber fanden die Ermittler rund 16.000 Kundendaten, die Hälfte davon von Senioren. „Es stellte sich heraus, dass nicht mal zehn Prozent der Leute überhaupt Anzeige erstattet hatten“, sagt Herbrand.

Dabei sei bereits der Versuch strafbar. Auch Hildegard Hörster überlegt nun, die Sache zur Anzeige zu bringen. „Das Problem ist nur, dass ich mich nicht mehr an alle Details erinnere“, sagt sie. Doch auch das gehört zur Masche der Betrüger. Sie lassen absichtlich Zeit verstreichen.

Im vergangenen Jahr hatte die Langenfelder Verbraucherzentrale rund 1.000 Beratungsanfragen wegen Gewinnspielbetrugs. „Es ist mehr geworden“, sagt Niepenberg. Oft missbrauchen die Betrüger auch den Namen der Verbraucherzentrale. „Sie geben an, ihre Leistung sei seriös, die Verbraucherzentrale stehe dahinter“, sagt sie.

In den meisten Fällen ist das jedoch eine dreiste Lüge. Kriminalhauptkommissar Herbrand kennt noch weitere Methoden, um die Opfer für sich zu gewinnen: „Die Anrufer schmieren den Senioren Honig um den Bart und nutzen die Einsamkeit der Menschen aus. Hinzu kommt die nachlassende Hörfähigkeit der Menschen. Und sie sind oft zu arglos“, sagt Herbrand. „Oder zu höflich, um einfach aufzulegen“, ergänzt Niepenberg.

Hildegard Hörster hat aus ihren Fehlern gelernt. Sie werde nie wieder so leichtgläubig ihre Kontodaten weitergeben. „Ich hoffe jetzt, dass alles gut wird“, sagt sie.

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