Suchtabhängige in der LVR-Klinik: Neuanfang ohne Promille

Auf der neuen Station 35 der LVR-Klinik werden Suchtabhängige therapiert. So wie Jörg Steinberg, der nach seiner Behandlung trocken bleiben will.

Langenfeld. Im Alter von fünfzehn Jahren kam Jörg Steinberg (51) zum ersten Mal in Kontakt mit Alkohol. Während des Wehrdienstes ging es dann richtig wild zur Sache — an vielen Abenden wurde kräftig getrunken. Danach ließ er es jedoch wieder ruhiger angehen. Erst als es um seine erste Ehe schlecht stand und der Stress bei der Arbeit immer größer wurde, rückte der Alkohol wieder stärker in sein Leben.

Schnell waren es sechs bis acht Flaschen Bier täglich und die Jahre vergingen. Dann kam der Blackout. Zwölf Stunden fehlen ihm in seiner Erinnerung. Schlagartig wurde ihm klar, dass Freunde und Familie Recht hatten und er ein Alkoholproblem hat. Im Dezember vergangenen Jahres ging er zur Entgiftung — in wenigen Wochen ist die Zeit seiner stationären Behandlung vorbei und Jörg Steinberg bereitet sich auf sein Leben nach dem Alkohol vor.

Steinberg ist Patient in der Station 35 der LVR-Klinik. Sie richtet sich an alkohol- und medikamentenabhängige Erwachsene und bietet ihnen medizinische Rehabilitation. Nach Sanierungsarbeiten der Station wird die Entwöhnungsbehandlung in der LVR-Klinik jetzt wieder angeboten — neu ausgerichtet ist der Ansatz nicht mehr tiefen-, sondern verhaltenspsychologisch, was sich für die Suchttherapie besser anbietet.

„Eine weitere positive Veränderung ist das verkürzte Antragsverfahren, wodurch im Nahtlosverfahren keine wertvolle Zeit mehr zwischen Entgiftung und Therapie verstreicht“, erklärt Chefarzt Dr. Klaus Höher, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie bei der Abteilung für Abhängigkeitserkrankungen.

Die grundsätzlich freiwillige Entwöhnungsbehandlung erfolge in der Regel direkt nach dem Entzug und in verschiedenen Phasen. Nach der zweiwöchigen Eingewöhnungsphase, bei der dem Patienten stets ein erfahrener Mitpatient zur Seite steht, wird ein individueller Therapieplan mit den spezifischen Zielen festgelegt.

Dann folgt in Einzel- und Gruppengesprächen die Haupttherapie. Zur Belastungserprobung kann in dieser zweiten Phase die Klinik sonntags schon alleine verlassen werden. Soziale Kontakte können so aufrechterhalten oder aufgebaut werden.

Schließlich dient die Entlassungsphase der Vorbereitung auf die nachstationäre Zeit. Jetzt ist es wichtig, sich eine nahe am Wohnort gelegene Selbsthilfegruppe auszuwählen. Und an diesem Punkt steht Jörg Steinberg jetzt. „Das ,Café Steinrausch’ gefällt mir bis jetzt sehr gut“, sagt er und schmiedet schon Pläne: „Mein erstes Ziel ist natürlich, abstinent zu bleiben. Dann will ich meine zweite Ehe retten und alles dafür geben, dass ich meinen Job nicht verliere. Ich will einfach wieder mitkriegen, was im Leben läuft, und daran teilhaben“.

Und um dieses Ziel zu erreichen, steht ihm noch ein langer Weg bevor, denn jetzt geht es darum, dauerhaft trocken zu bleiben. Die größten Herausforderungen stellen die ständige Verfügbarkeit von Alkohol sowie gesellschaftliche Abende, bei denen alle etwas trinken, dar. „Am wichtigsten ist Ablenkung. Arbeit, Sport oder andere Hobbys sind genauso wichtig wie der Kontakt zu anderen Betroffenen, die das Gleiche durchmachen. Nachdem der Patient erkannt hat, dass er Verantwortung übernehmen muss, ist es nach der stationären Behandlung wichtig, Selbstvertrauen aufzubauen. Das funktioniert am besten gemeinsam“, sagt Dr. Klaus Höher.

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