Stille Nacht, heilige Nacht, alles schläft, einsam wacht ...

Einsatzbereit: Die WZ sprach mit einer Krankenschwester, einer Polizistin und einem Feuerwehrmann über deren Weihnachten.

Langenfeld. Für die meisten Menschen ist Heiligabend ein ruhiger und besinnlicher Abend im Kreis der Familie. Geschenke auspacken, Gänsebraten, Kerzenschein und vielleicht noch Besuch eines Gottesdienstes. Aber wenn Papa sich beim Zurechtsägen der Zweige in den Finger schneidet oder plötzlich der Weihnachtsbaum in Flammen steht, dann muss es Leute wie Schwester Susanne oder Brandoberinspektor Christian Kaese geben.

"Meine Kinder haben sich daran gewöhnt. Bescherung wird nicht am 24. gefeiert, wenn ich Dienst habe", sagt der 42 Jahre alte Familienvater. Seit 22 Jahren arbeitet er bei der Feuerwehr.

Im Krankenhaus müssen auch Menschen versorgt werden, die keine Angehörigen mehr haben und einsam sind. Meist sind es ältere Leute. Susanne Brinkmann(58), Krankenschwester und stellvertretende Pflegedirektorin am St.-Martinus-Krankenhaus in Richrath, fühlt sich seit mehr als 30 Jahren nicht nur für die körperliche Pflege ihrer Patienten zuständig.

Sie schätzt, dass fast ein Viertel ihrer Patienten keinen Besuch bekommt. "Vor allem die Schwerkranken brauchen Zuwendung", meint sie. Ihre beiden eigenen erwachsenen Kinder und drei Enkel müssen auf sie an Heiligabend verzichten.

Auf der Station versucht man an den Festtagen ein wenig Weihnachtsstimmung zu zaubern: Musik auf dem Flur, eine besonderes Essen aus der Krankenhausküche, dazu kleine Geschenke, für die das Pflegepersonal vorher gesammelt hat. Etwa 130 Patienten verbringen das Weihnachtsfest im Krankenhaus an der Klosterstraße.

Auf der Feuerwache In den Griesen steht auch ein Weihnachtsbaum. Routine-Arbeiten wie das Überprüfen der Fahrzeuge auf ihre Einsatzbereitschaft müssen auch an Heiligabend gemacht werden. Aber solange kein Alarm ertönt, können sich Christian Kaese und seine Kollegen den Abend ein wenig weihnachtlich gestalten. Zum Beispiel wird gemeinsam ein Menü gekocht. "Was diesmal auf den Tisch kommt, steht aber noch nicht ganz genau fest", sagt Kaese.

Auch eine andere "Berufsgruppen", von der man sich das nicht wünschen würde, macht über Weihnachten nicht frei: die der Diebe und Einbrecher. Das macht den Einsatz von Polizistin Patricia Aillaud (34) unentbehrlich. "Ein Weihnachtsgefühl kommt für mich nicht auf, wenn ich arbeiten muss", sagt sie. Speziell in der Weihnachtszeit hat Ailland es auch schon mal mit versuchten Selbsttötungen zu tun.

Winterliche Depressionen und Einsamkeit würden vielen Menschen ebenso zu schaffen machen, wie der übermäßige Alkoholgenuss auf so genannten X-mas-Partys. "Jugendliche feiern oft lieber außerhalb der Familie. Da wird viel getrunken", lautet die Erfahrung der Polizistin.

Wer sich ausgiebig um andere kümmert, braucht manchmal auch selbst Hilfe. Wer hilft den Helfern? "Zuerst wird die Belastung verdrängt, damit man den Einsatz bewältigen kann", erklärt Christian Kaese. Ein "Open Team", bestehend aus Feuerwehrleuten mit Zusatzausbildung und einem Notfallseelsorger, steht nach besonders belastenden Einsätzen den Rettungskräften zur Seite.

Bei der Polizei bilden das Team Seelsorger, Arzt und Psychologe. "Das Schlimmste, was ich je erlebt habe? Ich musste zwei kleinen Kindern erklären, dass ihr Papa gestorben ist", sagt Patricia Aillaud betroffen. "Er lag tot hinter der Eingangstür."

Demgegenüber geht es beim Dienst im Krankenhaus nicht nur um Krankheit und Tod. Viele Babys kommen auch Weihnachten zur Welt. "Aber die Mütter wollen dann immer schnell nach Hause", sagt Schwester Susanne.

Schichtdienst mit der Gefahr der Übermüdung durch unregelmäßigen Schlaf, Arbeit an Feiertagen auf Kosten der Familie, seelisch belastende Einsätze - warum üben Menschen soziale Berufe aus? "Wenn wir nicht die Berufung im Herzen hätten, könnten wir das nicht machen", ist Susanne Brinkmann überzeugt.

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