Spaghetti-Eis als Etappenziel

Die WZ hat 60 Minuten im Eiscafé Simonetti verbracht — und gelauscht, was zwischen Eis und Kaffee getratscht wird.

Langenfeld. Jürgen Kelting verlangt einen Nachschlag. Eigentlich hatte er sich nur zum kurzen Plausch mit seiner Nachbarin in das Eiscafé Simonetti gegenüber des Rathauses gesetzt, doch die Zeit verflog. Die Kellnerin bringt den zweiten Kaffeebecher. Mit einem Haps ist der Keks in seinem Mund verschwunden. „Du Geizkragen, den wollte ich doch haben“, protestiert seine Bekannte und lacht ihn fröhlich an. Zweimal die Woche treffen sich die Beiden nach der Reha zum Kaffee und reden „über Gott und die Welt“.

Vor zwölf Jahren hatte Kelting einen Schlaganfall, seine Nachbarin ist auf den elekrischen Rollstuhl angewiesen. „Damit wird es im Alltag wirklich schwer“, sagt die 58-Jährige. Im Supermarkt nebenan gebe es keine elektrischen Türen. „Und da kann man lange warten, bis mal einer die Tür aufhält“, sagt sie.

Nebenan am Tisch ist bereits das Abendessen Thema. Es wird gegrillt, über das Salatrezept zum Fleisch herrscht zwischen den Generationen jedoch noch Uneinigkeit. Mitten in der Diskussion zwischen Mutter und Tochter, ob nun Kartoffeln hineinkommen oder nicht, mischt sich der Sohn ein: „Wir haben die Grillkohle vergessen!“ Die Drei zahlen und stürmen den Supermarkt.

Trotz des schönen Wetters hat sich eine Gruppe Frauen im Inneren des Eiscafés verschanzt. Alle vier tragen ihre Piloten-Sonnenbrillen auf der Nase, ziehen fast synchron an ihren Zigaretten und lachen plötzlich schrill. Ein brünettes Mädchen, das mit ihrer Mutter auf der Terrasse sitzt, schaut sich kurz um, starrt dann aber wieder auf ihr Handy.

Immer wieder fahren Räder an dem Eiscafé vorbei. „Absteigen!“, protestiert ein Bürger, der sich seinen Weg zum Rathaus bahnt. Doch die junge Frau auf dem Fahrrad tritt in die Pedale.

Zwei junge Männer in Deutschlandtrikots sitzen vor ihren gigantischen Eisbechern — eine Stärkung, die sie gut gebrauchen können. Ihre Fahrräder haben sie in Sichtweite abgestellt, die Satteltaschen sind prall gefüllt. Es ist der achte Tag ihrer Fahrradtour, die im französischen Bussang begann und bis in ihre Heimatstadt Bremen führt.

Dienstagmorgen starten sie in Overath, bis zum Abend wollen sie noch die 110 Kilometer voll machen und in Duisburg schlafen. „Wir kamen über die Felder nach Langenfeld rein, das war mal etwas anderes. Sonst hat man bei den Ortseinfahren immer so viel Verkehr“, sagt Nick Bokelmann (28). Als die beiden Grundschullehrer die Lust auf ein Eis überkam, hatten sie einen Passanten gefragt. „Das war eine gute Verschnaufspause“, sagt Sebastian Bültmann. Sie zahlen und schwingen sich auf die Räder.

Der Grillabend der Familie vom Nebentisch scheint gerettet. Mit drei Säcken Grillkohle laufen sie am Café vorbei Richtung Bushaltestelle. Und auch Jürgen Kelting und seine Bekannte gehen nach Hause. Den Nachmittag haben sie frei. „Mein Balkon ist zu klein, um sich zu sonnen“, sagt er. Und doch werde er das Wetter schon irgendwie genießen können.

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