Monheim „Stellen sollen auf den Prüfstand“

Der Monheimer FDP-Chef beklagt die seiner Ansicht nach kurzsichtigen Planungen der Stadt in der Schulentwicklung.

 Stephan Wiese möchte, dass Monheim eine „Stadt für alle“ bleibt.

Stephan Wiese möchte, dass Monheim eine „Stadt für alle“ bleibt.

Foto: Matzerath, Ralph (rm)/Matzerath, Ralph (rm-)

Welches grundsätzliche Problem sehen Sie bei der Vielzahl der von der Ratsmehrheit angestoßenen Projekte?

Stephan Wiese: Es müsste ein übergreifendes Baustellenmanagement geben, um Projekte besser aufeinander abzustimmen. Die Baustellen für den Geysir und an der Daimlerstraße blockieren sich beispielsweise gegenseitig, es ist schwierig nach Baumberg zu kommen. Es gibt heute ein Projektvolumen von 200 Millionen Euro in der Schublade, das abgearbeitet werden soll. Man sollte diese erst strukturiert leeren, bevor neue Projekte angegangen werden, um sich nicht selbst unnötig unter Druck zu setzen und die Belastung der Bürger durch Baustellen in Grenzen zu halten. Außerdem wünschen wir uns ein Risikomanagement: Es werden Pläne gemacht, dann verzögert sich deren Umsetzung, es werden aber dann trotzdem schon die nächsten Projekte in Angriff genommen. Mögliche Verzögerungen sollte man im Vorhinein berücksichtigen, um nicht ständig in solche Situationen zu kommen.

Wie beurteilen Sie als Liberaler die erhebliche wirtschaftliche Betätigung der Stadt?

Wiese: Rückblickend finde ich gut und richtig, dass von der Stadt Rahmenbedingungen geschaffen wurden, und in die Infrastruktur investiert wurde, dass Läden angemietet wurden, damit sich in der Altstadt Gastronomie ansiedeln konnte. In den nächsten fünf Jahren sollte sich die Stadt aber wieder mehr zurückziehen und das Spielfeld den privaten Initiativen überlassen. Ein Beispiel ist der Rewe-Markt an der Sandstraße. Da passten die Vorhaben des Privatinvestors nicht in die Planung der Stadt, weil diese vor allem die beiden großen Einkaufszentren in Monheim und Baumberg in den Fokus nimmt. Aber es hat sich ja gezeigt, dass der Standort Sandstraße Potenzial hat. Er hat auch einen verbindenden Charakter zwischen den beiden Stadtteilen. Für uns als Liberale gilt generell der Grundsatz privat vor Staat. Wenn man sich beim Erwerb der Einkaufszentren auf das Prinzip Starthilfe beschränkt, dann kann man das unterstützen. Aber dann müssen wir auch eine zeitnahe Re-Privatisierung anstreben. Die Pläne für das Rathauscenter haben wir damals abgelehnt, weil das Projekt zu überdimensioniert ist, zu groß für den Charakter der Stadt.

Warum sollen die an Kirchstraße und Neustraße sitzenden Unternehmen dort wegziehen?

Wiese: Wir wollen die Bereiche in den Fokus nehmen, die die Innenstadt mit der Altstadt verbinden, sie sind im Masterplan Innenstadt aber nicht berücksichtigt. Wir glauben, dass in diesem Bereich in Hinblick auf Gastronomie und Einzelhandel noch Potenzial steckt, da gibt es aber auch noch produzierendes Gewerbe. Die Stadt sollte hier Anreize schaffen, dass diese in ein Gewerbegebiet umziehen.

Ich fand es interessant, dass die FDP als Partei, deren Klientel ja vor allem selbstständig arbeitende Berufe, wie Ärzte, Anwälte und Apotheker anzieht, sich auch für den sozialen Wohnungsbau stark macht.

Wiese: Das ist ein Vorurteil, wir sind in der FDP stark gemischt, bei uns gibt es auch Schüler, Studenten, Kaufleute und Informatiker. In unserem Wahlprogramm heißt es: Wir wollen die derzeitige Bevölkerungsstruktur und den Charakter der Stadt erhalten. Durch sinnvolle Maßnahmen wie die kostenlose Kita wird die Stadt attraktiver, aber dadurch steigen die Mieten. Andere Projekte wie die Marina könnten zu einer Gentrifizierung bestimmter Quartiere führen. Wir wollen aber, dass Monheim eine „Stadt für alle“ bleibt, wo auch die Erzieherin eine bezahlbare Wohnung findet.

Für Baumberg fordern Sie die Erstellung eines Masterplans: Haben Sie dafür bestimmte Vorschläge?

Wiese: Wir wünschen uns eine weitere Belebung der Hauptstraße, das untere Ende ist noch nicht saniert, da ist noch Potenzial. Wir wünschen uns einen verkaufsoffenen Sonntag auch in Baumberg - zum Hauptstraßenfest. Wir wünschen uns dort eine Zweigstelle der VHS für die Erwachsenenbildung und ein Bürgerbüro. Baumberg ist ja ein stark wachsender Ortsteil. Deshalb könnte man vielleicht einen zweiten Anlauf für eine Dependance versuchen. Außerdem müsste man sich überlegen, wie eine Bus-Anbindung von Baumberg-Ost aussehen könnte. Das Verkehrsaufkommen auf dem Holzweg und im Österreichviertel ist ja schon jetzt kritisch. Durch die weiteren Neubaugebiete droht uns auch auf der Berghausener Straße der Verkehrs-Infarkt.

Bezüglich der Schulentwicklung kritisieren Sie die, wie Sie sagen, kurzsichtigen Planungen der Stadt: Weil künftige Bedarfe von den derzeitigen Kapazitäten nicht gedeckt seien. Haben Sie eine Lösung?

Wiese: Überall platzen die Grundschulen aus den Nähten, müssen Container aufgestellt werden. Die Klassen sind sehr voll, zu meiner Schulzeit waren die Klassen kleiner. Wenn man familienfreundliche Maßnahmen ergreift, muss man damit rechnen, dass Familien zuziehen. Und dann werden an dem einen Standort in Baumberg Umbaumaßnahmen für die Vierzügigkeit geplant, während zeitgleich eine neue zweizügige Grundschule gebaut werden soll. Warum plant man diese nicht von Vorneherein größer? Wenn man alle Schulbaupläne betrachtet, kann es sein, dass hier viele Kinder ihre ganze Schulzeit in Containern verbringen werden. Und wenn ich mir vorstelle, dass das Schulzentrum am Berliner Ring mal 2500 Schüler fassen soll, das ist eine ungeheure Masse, die auch logistische Probleme aufwirft. Wir sprechen uns daher für eine weiterführende Schule in Baumberg aus. Wir haben zwar ursprünglich dem Beschluss für eine Erweiterung zugestimmt, um die Raumnot zu lindern, aber in der weiteren Betrachtung halten wir es nicht für sinnvoll. Für diese Investition ist besser ein Standort in Baumberg ins Auge zu fassen.

Sie sorgen sich wegen der „wachsenden Durchdringung aller kultureller Aktivitäten“ seitens der Stadt. Könnten Sie das bitte erläutern?

Wiese: Da die Vereine bei ihren Veranstaltungen von den Genehmigungen der Stadt abhängig sind, fühlt man sich teilweise unter Druck gesetzt, man werde inhaltlich in eine bestimmte Richtung gedrängt. Gewachsene Vereinsaktivitäten werden durch städtische Maßnahmen an den Rand gedrängt oder unmöglich gemacht. Die Stadt hat etwa das Hauptstraßenfest kreiert, das ehemals von Vereinen durchgeführt wurde. Oder sie gründet eigene Organisationen, die Vereine wie die IG Urdenbacher Kämpe-Haus Bürgel überflüssig machen. Das ist ein Problem, weil sich die Vereine über ihre Veranstaltungen auch finanziellen Spielraum verschaffen. Die Stadt sollte sich da mehr zurücknehmen.

Sie finden, dass die Monheimer Verwaltung personell zu aufgebläht ist?

Wiese: Ja, etliche der neu eingerichteten Stellen sollten auf den Prüfstand. Sicherlich ergibt sich der ungeheure Mitarbeiterzuwachs aus dem großen Projektvolumen. Damit schaffen wir ja selber den Bedarf nach Fachkräften, da drehen wir uns im Kreis. Aber wenn die Projekte einmal abgewickelt sind, haben wir zu viele Leute in Lohn und Brot.

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