Langenfeld: Zum Fest rückt man enger zusammen

35 Menschen, die wohnungslos sind oder denen Obachlosigkeit droht, können dank des SkF auch Weihnachten feiern.

Langenfeld. Bratenduft zieht durchs Haus. Im Ofen schmort der Rehrücken. Von der CD klingt leise ein weihnachtliches Lied. Reste von Geschenkpapier liegen noch auf dem Küchentisch. Die Kinder kichern aufgeregt. Draußen dunkelt es. Der große Augenblick rückt immer näher. Päckchen und Pakete türmen sich unterm Tannenbaum. Schnell noch ein Plätzchen in den Mund gestopft ...

Für "Frank" sah der Heiligabend einige Jahre anders aus. Statt Festtagsbraten galt es, die Container der Lebensmittelgeschäfte nach Essbarem zu durchsuchen. Die Nächte bedeuteten, ums Überleben zu kämpfen. "Wer auf der Straße lebt und zu weichherzig ist, geht kaputt", sagt der 54-Jährige, der trotzdem alles anders als "hartgesotten" wirkt.

Weihnachten 2009 wird er im Café Immi verbringen. 35 Leute haben sich dieses Jahr beim Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) angemeldet. Das Café fasst eigentlich nur 20 Personen. Doch zum Fest rückt man noch ein bisschen mehr zusammen. Ehrenamtliche und Sozialarbeiter kümmern sich um Menschen, die wohnungslos oder von Obdachlosigkeit bedroht sind. Dank einiger Sponsoren kann jedem der Besucher ein kleines Geschenk überreicht werden. Das Vorlesen der Weihnachtsgeschichte darf ebenso wenig fehlen wie das gemeinsame Singen.

Seit er 14 Jahre alt ist, hat "Frank" gearbeitet. Zuerst als Fliesenleger. "Ich bin mit Arbeit groß geworden", sagt er kurz und knapp. Bis zum Meister hat er es gebracht. Still sitzen und Nichtstun ist ihm ein Gräuel. Schwere Arbeiten auf dem Bau oder als Gärtner und später die Arbeit bei der Müllabfuhr - das war "Franks" Leben. Bis zum Jahr 2000.

Er verliert seine Arbeit. Persönliche Probleme kommen hinzu. Er kann Miete und Strom nicht mehr bezahlen. Die Straße wird sein Zuhause. 2002 kommt er das erste Mal ins Café Immi an der Immigrather Straße. "Oft kommen die Leute erst einige Wochen, bevor sie sich irgendwem anvertrauen", sagt Rainer Sartorius (42), Diplom-Religionspädagoge und Koordinator der SkF-Wohnungslosenhilfe.

Für "Frank" bedeutet das Café nicht nur ein warmes Mittagessen, sondern den Weg raus aus der Isolation und zurück in ein soziales Umfeld. Er kann in Arbeitsmaßnahmen vermittelt werden, erhält wieder eine Krankenversicherung, eine kleine Wohnung. Er ist zurück im Leben.

Ist er das? "Zwei Tage vor Weihnachten habe ich den Bescheid erhalten, dass die Maßnahme nicht verlängert wird", sagt er traurig. Das Arbeitsamt verlangt die Vorlage von Bewerbungen. Sein Geld sei aber rasch verbraucht. Bewerbungsunterlagen würden selten zurückgeschickt. Auf dem Bau sind schriftliche Bewerbungen unüblich. Direktes Vorsprechen bei den Arbeitgebern kann aber nicht nachgewiesen werden. Die Leistungen der Arge werden eingestellt. Wieder ist der Versicherungsschutz weg. Weil sich Mietrückstände ansammeln, nimmt die Vermieterin Kontakt auf mit den Leuten von Café Immi.

"Als wir ,Frank’ das erste Mal besucht haben, war er in einer sehr schlechten Verfassung", erinnert sich Sartorius. "Er hatte Herzprobleme." Eine ehrenamtlich arbeitende Ärztin konnte ihm eine erste, wahrscheinlich lebensrettende Versorgung geben.

Die Notunterkunft als Alternative kommt für "Frank" nicht in Frage. Zwei Leute müssen sich dort ein Zimmer teilen. Lautstarke Auseinandersetzungen unter Alkoholeinfluss sind an der Tagesordnung. Eine unerträgliche Vorstellung für "Frank". "Außerdem kann man nie wissen, ob der Zimmernachbar friedlich ist oder einem im Schlaf den Hals umdreht", sagt er. Da ziehe er die Straße vor.

Doch er ist nicht wieder auf der Straße gelandet. Weihnachten 2009 ist auch für ihn Bratenduft und Plätzchen, raschelndes Geschenkpapier und "O du fröhliche". Eine neue Arbeit hat "Frank" zwar noch nicht, aber die Sozialarbeiter unterstützen ihn bei allem, was mit Papierkram und der Arge zu tun hat.

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