Langenfeld: Schlamperei beim Amtsgericht?

Für den Fund vertraulicher Gerichtsunterlagen im Altpapier hat Direktor Lutz Wollenhaupt noch keine Erklärung.

Langenfeld. Dass vertrauliche Daten durch Pannen bei Telekommunikationsunternehmen und Call-Centern öffentlich werden, das mussten schon viele Betroffene erfahren.

Aber dass jemand den Entwurf für ein Gerichtsurteil mit den Namen der Beteiligten aus einem Altpapercontainer fischen kann, bevor die Entscheidung vom Richter verkündet wird, das ist schon eine super-peinliche Panne.

Und für die hat Lutz Wollenhaupt, Leiter des Amtsgerichts an der Hauptstraße, auch drei Tage nach dem Fund noch keine eindeutige Erklärung. Warum die Papiere ungeschreddert das Gericht verließen?

"Ich kann menschliches Versagen ebenso wenig ausschließen wie den Verdacht, dass die Unterlagen aus unserem Haus mitgenommen oder gezielt zugespielt worden sind", sagte er am Donnerstag (7. Mai).

Nach einem Bericht des WDR-Fernsehens hatte ein Besucher, der Einsicht in eigene Unterlagen nehmen wollte, am Montagnachmittag vor verschlossenen Gerichtstüren gestanden.

Beim Kehrtmachen habe er sich ein Bonbon in den Mund gesteckt und das Papier in eine blaue Tonne werfen wollen. Dabei sei er dann auf den brisanten Inhalt gestoßen, sagte der Finder vor laufenden Kameras.

Für Gerichtsdirektor Wollenhaupt ist diese Version fragwürdig. Wollenhaupt: "Meines Wissens kommt der Mann aus Grevenbroich. Dass er am Montagnachmittag bei uns nach 15 Uhr vor verschlossenen Türen steht, muss er nicht gewusst haben.

Aber, dass er dann etwa 40 Meter zurücklegt, zwei Papierkörbe am Weg übersieht, und über eine Kette steigt, um das Bonbon-Papier in eine unserer blauen Tonnen zu werfen, erscheint mir nicht gerade naheliegend."

Die Container seien zudem nicht einmal halb voll gewesen. "Da muss er sich schon reingehängt haben, um an die Dokumente zu kommen", fügt er hinzu.

Nichtsdestotrotz stehen die blauen Wertstofftonnen jetzt in einer verschlossenen Garage. Eine Fehlerquelle wurde entdeckt und abgestellt? "Hinterher ist man immer schlauer, aber eigentlich haben wir ausreichende Datenschutzvorkehrungen", meint Lutz Wollenhaupt.

Alle personenbezogenen Dokumente würden in extra Behältern gesammelt und vom Wachtmeister zur Schredderanlage im Keller gebracht.

"Die in Säcke gepackten Schnipsel holt ein Spezialentsorger ab", so der Gerichtsleiter. Auf die Einhaltung dieser Abläufe seinen die Kollegen nun noch einmal eingeschworen worden.

Dass eine Entscheidung im Entwurf vorab öffentlich wird, davon hatte Klaus E. Böhm, Vorsitzender des Düsseldorfer Anwaltsvereins, bis jetzt noch nie etwas gehört. "Die Fehlerquelle muss ermittelt werden, sonst wird die Zuverlässigkeit der Justiz in Frage gestellt", sagte er der WZ.

Für Bettina Gayk vom Landesamt für Datenschutz NRW ist die Langenfelder Datenpanne kein Einzelfall. "Die meisten Menschen sind sehr unvorsichtig im Umgang mit persönlichen Unterlagen. Kontoauszüge, Arztbriefe und detaillierte Telefonrechnungen gehören nicht ins Altpapier. Für manche ist es schon fast ein Sport geworden, in den blauen Tonnen anderer Leute zu stöbern", warnt sie.

Laut Gayk werde die Datenschutzbeauftragte des Amtsgerichts zur Darlegung des Entsorgungskonzepts auffordern. "Ist das in Ordnung, wird wohl einer Murks gebaut haben. Und das wird man nie ganz unterbinden können", meint Bettina Gayk.

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