Langenfeld/Gelsenkirchen : Missbrauchsopfer verklagt Psychiatrie
Langenfeld/Gelsenkirchen. Günter Scheidler will vor Gericht für Opferentschädigung kämpfen. In der Langenfelder Psychiatrie wurden in den 50er und 60er Jahren die Insassen mit medizinischen Versuchen gequält.
Günter Scheidler ist Jahrgang 1957. Seine Kindheit hat er in Kinderheimen und der Langenfelder Psychiatrie verbracht. Scheidler hat Gewalt, Missbrauch und medizinische Versuche erlebt. Seine Erfahrungen hat er in dem E-Book „Weißer Hase“ öffentlich gemacht. „Wir haben inzwischen fast 25 000 Aufrufe“, sagt Scheidler. Diese große Resonanz hat ihn ermutigt, den nächsten Schritt zu gehen. Er klagt vor dem Sozialgericht Gelsenkirchen. „Es muss Opferrenten für die Betroffenen geben“, sagt er und führt das Beispiel Österreich an, wo diese gezahlt würden.
Scheidler, der in Gelsenkirchen lebt, hatte zunächst einen Antrag auf Opferentschädigung beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe gestellt. Dieser wurde abgelehnt, erläutert sein Anwalt Friedrich-Walter Ebener. Dagegen läuft nun die Klage beim Sozialgericht. „Sollte das Sozialgericht Gelsenkirchen der Klage stattgeben, wird der Verband Lippe den Landschaftsverband Rheinland (LVR), zu dem Langenfeld gehört, in die Pflicht nehmen“, ist er sicher. „Die Hürde ist allerdings hoch. Das Gutachten muss ergeben, dass der Schädigungsgrad bei Günter Scheidler 80 Prozent beträgt“, sagt Ebener. Weist es nur 50 Prozent nach, gibt es jedoch einen Anerkennungsstatus.
„Grundsätzlich sind Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) möglich. Personen, die in der Zeit vom 23. Mai 1949 bis 15. Mai 1976 geschädigt worden sind, erhalten auf Antrag nach Paragraf 10 a OEG Versorgung, solange sie allein infolge dieser Schädigung mindestens einen Grad der Behinderung von 50 Prozent haben, bedürftig sind und im Geltungsbereich des Gesetzes ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben“, erläutert Michael Sturmberg, Sprecher des LVR. Erfahrungsgemäß sei der Nachweis für die Betroffenen jedoch oft sehr schwierig – gerade, wenn der Angriff länger zurückliege. Sturmberg verweist auf die „Stiftung Anerkennung und Hilfe“, die es seit dem Jahr 2017 gibt.