Langenfeld: Börse fehlen die Unternehmen

Interview: Die WZ sprach mit Thomas Wedell, Geschäftsstellenleiter der Arge in Langenfeld, über die zweite Job-Börse und seine Arbeit.

Langenfeld. Der 33 Jahre alte Thomas Wedell ist seit 2005 Geschäftsstellenleiter der "Arbeitsgemeinschaft ME-aktiv" (Arge). Sie betreut Bezieher von Arbeitslosengeld II im Kreis Mettmann. Als Ansprechpartner der Arbeitsagentur will die Arge mit kommunalen Trägern einen direkten Draht zu Unternehmen herstellen, um Hartz-IV-Empfänger zurück in den Arbeitsmarkt zu bringen. In Langenfeld betreuen 30 Mitarbeiter, die teilweise auch für Monheimer zuständig sind, insgesamt 3500 Klienten. Wie sieht die Bilanz der zweiten Langenfelder Job-Börse aus?Thomas Wedell: Von 272 eingeladenen Langenfelder ALG-II-Empfängern sind 172 erschienen. Eine Quote von 63 Prozent. Jetzt werden jene, die nicht erschienen sind, aufgefordert darzulegen, warum sie nicht zur Job-Börse gekommen sind. Liegt kein einsehbarer Grund vor, werden die Leistungen, die sie von uns erhalten, um zehn Prozent gekürzt. Die Resonanz der alt eingesessenen Unternehmen auf die zweite Job-Börse war nicht so üppig. Firmen, die 2006 noch Interesse bekundeten, sind diesmal nicht zu finden gewesen. Dafür hat sich noch eine weitere Zeitarbeitsfirma dazu gesellt. Verkommt die Job-Börse zu einer Billig-Lohn-Börse?Wedell: Nein. Mir ist bekannt, dass etwa das Beratungszentrum e.V. Kontakt zu potenziellen Sozialarbeitern aufgenommen hat. Aber uns würde es schon freuen, wenn sich mehr Unternehmer beteiligen würden. Offenbar herrschen hier noch Ressentiments. Doch unsere Klienten sind viel besser als ihr Ruf. Ist Ihnen klar, dass es schwarze Schafe unter den Zeitarbeitsfirmen gibt?Wedell: Ja, das habe ich gehört. Wir sind aber immer bemüht, Zeitarbeitsfirmen einzuladen, die seriös sind. Wir können Praktiken von Zeitarbeitsfirmen aber nicht bis ins letzte Detail beleuchten. Ich sage Ihnen auch ganz ehrlich: Für uns steht die Vermittlung im Vordergrund. Möchten Sie für eine Zeitarbeitsfirma arbeiten?Wedell: Nein. Kurz nach Gründung der Arge wurde heftige Kritik laut, dass Sie ihre Klienten nicht intensiv und wenn, dann unsachgemäß betreuen. Fällt mittlerweile die Kritik mäßiger aus?Wedell: Ja, mittlerweile sind wir auch gut aufgestellt. Man muss das verstehen: Wir mussten uns erst einmal alle in unseren neuen Aufgaben einfuchsen. Es gibt halt auch immer wieder neue Vorgaben, auf die wir uns einstellen müssen. Dabei sind manche Handlungsempfehlungen wie "Hega" in der Praxis nicht hilfreich. "Hega" schneidet uns die kurzen Wege ab: Der bewerbungsorientierte Vermittler, der seine Klienten gut kennt, kann nichts ohne den stellenorientierten Vermittler machen. Letzterer pflegt den Kontakt zu den Arbeitgebern. Er kennt die Fähigkeiten des jeweiligen Klienten aber nur aus zweiter Hand und kann deshalb in manchen Fällen gar nicht entscheiden, ob der Bewerber für eine Stelle geeignet ist oder nicht. Wen betreuen Sie denn nun eigentlich? Monheimer oder Langenfelder oder beide zusammen?Wedell: Das ist in der Tat kompliziert. Immer noch sind Leistungsempfänger frustriert, dass sie nicht auf Anhieb die richtige Ansprechstation finden. Also, es ist so: Wir betreuen erst einmal alle ALG-II- Empfänger aus Langenfeld und aus Monheim nur jene, die nicht als schwer vermittelbar gelten. Schwer vermittelbar sind jene, die gleich mehrere Vermittlungshemmnisse aufweisen wie etwa mangelnde Mobilität und ein reiferes Alter.

Kommentar: Firmen sollten auf Arbeitslose zugehen
von Kerstin Völling

Kerstin Völling, Westdeutsche Zeitung
Arbeitgeber und Arbeitslose auf direktem Weg zusammenzubringen, ist eine prima Idee. Sie nützt nur nichts, wenn Langenfelder Firmen ihre Stadt und die Arbeitsagentur hängen lassen. Nur drei lokale Wirtschaftsunternehmen waren am direkten Gespräch mit den Leistungsempfängern interessiert - ernüchternd für eine Stadt, deren Wirtschaft boomt. Attraktive Steuersätze, die bis 2009 auf den niedrigsten Hebesatz in ganz NRW gesenkt werden, sollten Dividende genug sein, auch mal einen Schritt auf jene zuzugehen, die nicht von dieser fetten Wurst essen. Wie sagt Peter Jäger aus der Geschäftsführung der Düsseldorfer Arbeitsagentur doch so schön: "Von Menschen, die man fördert, kann man auch etwas fordern." Richtig! Das sollte allerdings auch für Arbeitgeber gelten. Und übrigens auch für Politiker: Von jenen, die Arbeitslose in Wahlkampfzeiten sonst immer so gern als Spielbälle benutzen, war auf der Job-Börse weit und breit nichts zu sehen. Dabei hätte man sich dort mal aus erster Hand anhören können, wie etwa Kinderarmut entsteht.

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