Lärmkataster: Täglich dröhnen die Motoren

An der Walder-, Berliner- und Klotzstraße leben die Anwohner nachweislich mit einer zu hohen Lärmbelastung.

Hilden. Straßenlärm nervt und macht auf Dauer krank. Wer an einer Hauptstraße wohnt, kann davon ein Lied singen: Verkehrslärm rund um die Uhr. Für 447 Hildener ist die Lage besonders schlimm, sie müssen tagtäglich einen durchschnittlichen Lärmpegel von mindestens 70 Dezibel ertragen. Das ist etwa die Lautstärke, die ein einzelnes Auto bei der Beschleunigung verursacht. Die Betroffenen leben quasi ständig neben einem laufenden Motor, Tag und Nacht. Da dies ein Durchschnittswert ist, liegt die Spitzenbelastung deutlich höher. Dies sind die Ergebnisse einer Lärmkartierung, die in einer EU-Richtlinie für jede Stadt gefordert wird. Für Hilden hat das Landesumweltamt das Kataster erstellt. Darin wird aufgezeigt, wo der Straßenlärm die Grenze des Zumutbaren überschreitet. Der entsprechende Bericht wird nächsten Mittwoch im Stadtentwicklungsausschuss (17Uhr, Bürgerhaus) vorgestellt. Die Anwohner der Walder-, Berliner- und Klotzstraße müssen demnach den meisten Lärm ertragen. Womöglich ist es an den anderen Hauptstraßen nicht viel leiser, doch dort wurde die Belastung nicht gemessen. Nur Straßen mit täglich mehr als 16000Fahrzeugen wurden erfasst. Auf der Hochdahler-, Gerresheimer- oder Richrather Straße fahren aber weniger Autos.

Autobahnen sind laut, aber nicht das größte Übel

Der größte Lärm geht in Hilden von den Autobahnen aus. Die sind aber das kleinere Übel. Einerseits gibt es dort teilweise Lärmschutzwände, andererseits stehen keine Häuser direkt an der Autobahn. Größer sind die Probleme an den stark befahrenen innerörtlichen Straßen. Dort können keine Lärmschutzwände gebaut werden. Dennoch soll dort etwas getan werden. Das sagt die Landesregierung, die eine Dauerbelastung von 70 Dezibel als Grenzwert festgelegt hat. Ab diesem Wert soll über Lärmschutzmaßnahmen nachgedacht werden. Das könnten beispielsweise Schallschutzfenster oder Flüsterasphalt sein.

Die Stadt muss einen Aktionsplan mit Lösungsvorschlägen aufstellen

Nachdenken heißt aber noch lange nicht umsetzen. Denn die EU-Richtlinie legt nicht fest, wer das bezahlen soll. "Das kann eigentlich nur der Verursacher sein", sagt Hildens Baudezernent Horst Thiele. Bei den drei betroffenen Straßen in Hilden wären dies Bund und Land. Die Stadt muss aber den Aktionsplan aufstellen, der die möglichen Schutzmaßnahmen aufzeigt. Dass die Städte diese Pläne allein erarbeiten und damit auch bezahlen sollen, stößt beim Städte- und Gemeindebund auf Kritik. Der hat deshalb mit dem NRW-Umweltministerium einen Facharbeitskreis vereinbart, um die offenen Fragen zu klären. Dazu wurde auch die Stadt Hilden eingeladen. Die wird der Einladung folgen, "um Klarheit über das weitere Vorgehen zu bekommen", so Thiele. Viel Lärm - und nichts passiert
Kommentar von Michael Kremer
Die Absicht ist löblich. Der Mensch muss vor Lärm geschützt werden. Dennoch ist das Lärmkataster kaum das Papier wert, auf das es gedruckt wurde. Damit werden Erwartungen bei den Lärmgeplagten geweckt, die auf absehbare Zeit nicht zu erfüllen sind. Allein die Antwort auf die Frage, wer alles bezahlen soll, wird Jahre auf sich warten lassen, in denen nichts passiert. Und selbst wenn Bund und Land sich zur Kostenübernahme bereit erklären, würde noch viel Zeit vergehen, bis Städte von der Größenordnung Hildens an die Reihe kämen. Das Geld wird zunächst in die Ballungsräume fließen. Schließlich haben die größeren Städte auch ungleich größere Lärmprobleme. Viel Lärm um nichts, weil lange nichts passieren wird. [email protected]

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