Jugendkriminalität in Hilden: Die Mädchen holen auf

Fast ein Drittel aller Straftaten geht auf das Konto von weiblichen Tätern.

Hilden. Ihrer Aufklärungsarbeit und den vorbeugenden Maßnahmen schreiben Jugendamt und Polizei die positive Entwicklung zu, die sich im Bereich der Jugendkriminalität ergeben hat: Die Zahl der Straftaten, bei denen Jugendliche als Täter ermittelt wurden, ist im vergangenen Jahr gegenüber dem Vorjahr um zehn Prozent von 567 auf 517 gesunken. Damit liegt dieser Bereich im allgemeinen Trend, denn auch die Zahl aller Straftaten ist rückläufig: von 1714 im Jahr 2007 auf 1406 im Vorjahr.

379 Jugendliche (14 bis 17 Jahre) und Heranwachsende (18 bis 20 Jahre) wurden im vergangenen Jahr laut Jahresbericht der Jugendgerichtshilfe nach Straftaten erwischt. Diese Zahl bewegt sich in etwa auf dem Niveau der Vorjahre.

Verwunderlich ist das nicht, denn eine bundesweite Studie hat ergeben, dass 95 Prozent aller männlichen Jugendlichen mindestens einmal gegen das Gesetz verstoßen. In der Regel verschwindet dieses gesetzwidrige Verhalten nach einer kurzen Zeit von ganz allein - selbst wenn sie nicht erwischt werden.

Dabei ist die Wahrscheinlichkeit, erwischt zu werden, in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Einerseits bemerkt die Jugendgerichtshilfe nämlich eine größere Bereitschaft in der Bevölkerung, eine Straftat anzuzeigen. Andererseits fallen die überproportional von Kindern und Jugendlichen begangenen Delikte vor allem in den Bagatellbereich. Und weil die meisten jungen Täter frei nach dem Motto "Gelegenheit macht Diebe" handeln, ihre Taten also spontan und unprofessionell ausüben, werden sie auch häufiger erwischt.

Diebstähle waren zwar auch im vergangenen Jahr wieder die häufigsten Straftaten von Jugendlichen, mehr Sorge bereitet allerdings die auf Platz zwei folgende Zahl von 92 Körperverletzungen. Deren Zunahme führt die Jugendgerichtshilfe unter anderem darauf zurück, dass mittlerweile auch Schlägereien auf Schulhöfen schneller angezeigt werden. Auffällig ist in diesem Bereich die Zunahme der weiblichen Straftäter, deren Anteil an den Gesamtstraftaten von 20 Prozent im Jahr 2005 auf mittlerweile 28 Prozent gestiegen ist.

Eine besondere Beachtung (bei Jugendgerichtshilfe und Polizei) erfahren die 48 Jugendlichen, die im vergangenen Jahr mindestens drei Strafverfahren am Hals hatten und damit als Mehrfach- oder Intensivtäter eingestuft werden. Auch dieser harte Kern ist kleiner geworden. Das führt Manfred Donga, der bei der Polizei die Jugendkriminalität bearbeitet, darauf zurück, dass Hilden in diesem Bereich "gut aufgestellt" sei.

Insbesondere das Diversionsverfahren und der damit verbundene "gute Draht zum Jugendamt und zur Staatsanwaltschaft" führt der Kriminalhauptkommissar als Beispiel für die funktionierende Zusammenarbeit an.

Dadurch sei es möglich, den gefährdeten Jugendlichen zeitnah und somit rechtzeitig einen Schuss vor den Bug zu geben. Denn eine Voraussetzung dafür, dass Jugendliche in diesem Verfahren anschließend ohne den Makel einer richterlichen Verurteilung durchs Leben gehen können, ist die Einsicht, den falschen Weg eingeschlagen zu haben.

Nicht alle Intensivtäter nutzen diese letzte Chance. Beispielsweise der damals 15-Jährige, der als "jwd-Schläger" zu Beginn des vorigen Jahres für Aufsehen sorgte, als er vor der ehemaligen Disco im Hildener Norden den damaligen Sprecher des Jugendparlaments angegriffen und verletzt hatte. Auch er ist einer dieser 48 Mehrfachtäter. Seine Brutalität brachte ihn zunächst in die geschlossene Jugendhilfeeinrichtung in Bedburg-Hau, dann in ein Erziehungscamp in der Nähe von Kassel und schließlich ins Gefängnis. Dort sitzt er noch.

Er war zwar einer der schlimmsten Übeltäter des vergangenen Jahres, doch auch seine Taten können den Erfolg des in Hilden beschrittenen Weges der Prävention nicht schmälern. "In größeren Polizeibehörden wäre das nicht der Rede wert gewesen", relativiert Donga den für eine mittelgroße Stadt wie Hilden schon außergewöhnlichen Fall.

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