Hilden: Stadtgeschichte in Trümmern

Im eingestürzten Kölner Archiv lagerte auch die Urkunde mit Hildens erster Erwähnung.

Hilden. In der Neuzeit ist es der Tag der deutschen Einheit. Im Jahre 1074 war der 3. Oktober ein gewöhnlicher Arbeitstag - auch für den damaligen Kölner Erzbischof ArnoII. (1056 bis 1076). An diesem Tag verfasste er eine Urkunde, durch die er dem Stift St. Kunibert zu Köln eine nicht näher benannte Summe zukommen lässt. Das Geld stammte aus Steuereinnahmen und wurde als Ersatz für die dem Stift von Erzbischof Everger (er starb im Jahre 999) weggenommenen Besitzungen überwiesen.

Die in lateinischer Sprache verfasste Urkunde hat einen direkten Bezug zu Hilden: Ein Teil der Steuergelder - einen Waldzehnten - kam von dort. Das Dokument belegt damit, dass es zu dieser Zeit bereits eine Siedlung in der hiesigen Gegend gab. Es ist die erste urkundliche Erwähnung der Stadt. Die Urkunde hat fast 1000 Jahre überdauert - und liegt jetzt irgendwo unter den Trümmern des eingestürzten Archivs in Köln. So wie weitere, vor allem kirchliche Dokumente, die Aufschluss über frühe Begebenheiten in Hilden geben. Ihre genaue Anzahl ist nicht bekannt.

"Es ist ein Jammer, der einem das Herz zerreißt", beschreibt der Hildener Historiker Ernst Huckenbeck (83) den Verlust - sollten die historischen Dokumente nicht mehr aus den Trümmern geborgen werden können. Und damit dürfte er mit allen Historiker-Kollegen und Archivaren übereinstimmen, denn "Unersetzliches ist verloren gegangen". Möglichweise auch eine weitere Urkunde, die um das Jahr 1169 verfasst wurde: Eine damals vom Kölner Erzbischof Philipp I. erlassene Rechtsordnung, durch die der Hof Hilden der Verwaltung des Kölner Vogten unterstellt wurde.

Die Trauer um den möglichen Verlust der Dokumente sitzt bei Huckenbeck sehr tief - zumindest emotional. Rational betrachtet "sollte man das nicht überbewerten", sagt er. Denn die Auswirkung auf die Erforschung der Hildener Lokalgeschichte sind nicht so groß. Von fast allen Dokumenten in den Trümmern des Kölner Archivs gibt es Abschriften und Kopien, von denen viele auch im Hildener Stadtarchiv aufbewahrt werden. "Und das ist schon ein kleiner Trost", sagt Huckenbeck.

Doch alle Abschriften und Kopien haben einen Nachteil gegenüber dem Original: Ihnen fehlt es an Erhabenheit. Erst das Alter der Dokumente macht selbst Banalitäten zu Besonderheiten, Alltägliches zum Ungewöhnlichen. Etwa die am 5. Januar 1345 verfasste Urkunde mit einer Dienstanweisung des Offizials von Köln. Der befiehlt darin dem Dechanten des Dekanatsbezirks Neuß, die Pfarrer in verschiedenen Orten - unter anderem Hilden - aufzufordern, binnen zehn Tagen die Gelder auszuliefern, die sie in ihren Kirchen für den Kölner Dom gesammelt haben. Auf blütenweißem Kopierpapier fände dies wohl weniger Beachtung. Höchstens die damals vom Offizial bei Missachtung seiner Forderung angedrohte Strafe der Exkommunikation würde vermutlich auch der Kopie einen besonderen Charakter verleihen.

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