Hilden: Späte Ehre für einen Helden

Sechs vor den Nazis gerettete Bücher werden seit Montag dauerhaft ausgestellt.

Hilden. Bücher erzählen Geschichten, besondere Bücher erzählen besondere Geschichten - und Geschichte. Sechs besondere Bücher werden seit Montag dauerhaft in der Stadtbücherei am Nové-Msto-Platz 3 ausgestellt. Sie erzählen von ihren Autoren (Lenin, Rosa Luxemburg und Friedrich Ebert), vom Umgang mit deren Schriften in Nazi-Deutschland und von drei Hildenern: einem Helden (Heinrich Strangmeier), einem Historiker (Ernst Huckenbeck) und einem Schüler (Max van der Burgt).

Der Reihe nach: Hildens damaliger Bürgermeister Erich Lersch regte am 4. März 1933 an, marxistische und kommunistische Literatur aus der Bücherei zu entfernen und möglichst zu verkaufen. Deren Inhalte passten nicht zur Ideologie der neuen nationalsozialistischen Machthaber. Heinrich Strangmeier leitete damals die Bücherei. Und er tat, wie ihm geheißen, nahm etwa 90 Bücher aus dem Bestand. Doch damit endete seine Gefolgsamkeit. Den gewünschten Verkauf der Schriften fingierte er, bezahlte die vermeintlichen Einnahmen selbst. Er entfernte Bücherei-Stempel aus den Büchern, übermalte die Signatur und versteckte sie in seiner westfälischen Heimat.

Strangmeier hat Mut bewiesen, ist ein Held geworden. Bei diesem Stichwort kommt Max van der Burgt (12) ins Spiel. Der Schüler des Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasiums beteiligt sich am Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten mit einer Arbeit über "Helden: verehrt - verkannt - vergessen". Bei seiner Recherche traf er den Historiker Ernst Huckenbeck (83), der sich - wie der Zufall es wollte - gerade für eine Veröffentlichung mit der Geschichte der Hildener Bücherei im Dritten Reich befasst.

Huckenbeck kannte Strangmeier noch persönlich. Er kannte die Geschichte von den verschwundenen Büchern, nicht aber deren weiteren Verbleib. Die Suche danach wollte er schon aufgeben, "doch dann haben mich die Fragen von Max neu motiviert", sagt Huckenbeck. Er durchforstete auch noch die letzten verbliebenen Aktenberge im Stadtarchiv - und wurde tatsächlich fündig: Die Bücher kamen nach dem Zweiten Weltkrieg zurück nach Hilden, wurden aber nach und nach aussortiert. Sechs lagen noch vergessen im Bücherei-Depot.

Für Huckenbeck war das Auffinden der Bücher "wie die Suche nach dem verlorenen Groschen im Alten Testament". Und Max ist "richtig stolz auf das, was ich schon erreicht habe": die Ausstellung der Bücher. Das wird nun auch noch in seine Arbeit für den Geschichtswettbewerb eingearbeitet. Viel Zeit bleibt dafür allerdings nicht. Am Samstag ist Abgabetermin. Dann muss die Arbeit auf dem Weg nach Berlin sein. Dort wird dann darüber entschieden, ob Max auch das Ziel erreicht, für das er sich "sehr viel Mühe gegeben" hat: einen Preis beim Geschichtswettbewerb. Ausgeschlossen ist das nicht. "Max ist es gelungen, die Vergangenheit in die Gegenwart zu holen", lobt die Tutorin Tanja Leberer die Arbeit des Schülers. Und der hat vor zwei Jahren schon einmal einen Förderpreis beim Geschichtswettbewerb gewonnen.

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