Hilden: Eine fiktive Zeitreise zu Wilhelm Fabry

Hilden. Wilhelm Fabry, Hildens berühmtester Sohn, war Mediziner, ein religiöser Mensch und er beschäftigte sich mit Ernährungsfragen. Dies stand in den bisherigen drei Fabry-Gesprächen im Mittelpunkt.

Fabry, dessen 450. Geburtstag die Stadt Hilden in diesem Jahr feiert, war aber auch ein Mann seiner Zeit. Darum geht es in dem fiktiven Gespräch, das der Wundarzt zum Abschluss der Gesprächsreihe mit Hildens Stadtarchivar Wolfgang Antweiler führt.

Fabry: Hochgelehrter Herr, ich schätze mich glücklich, dieses Gespräch mit einem gebildeten Mann ihres Standes führen zu können.

Antweiler: Auch ich hätte diese Worte wählen können, zumal diese Anrede besser auf Sie als auf mich zutrifft.

Fabry: Dem wage ich zu widersprechen. Sie haben einen Universitätsabschluss und beschäftigen sich mit Ahnenforschung. Das war in meiner Zeit den wohlhabenden Adelshäusern vorbehalten.

Antweiler: Das hat sich geändert. In meiner Zeit stehen Bildung und Universitäten allen offen. Das Studium der Geschichte ist kein Privileg mehr, das nur einer reichen Oberschicht möglich ist.

Fabry: Gleichwohl stellt sich mir die Frage, wie die Gelehrten Ihrer Zeit meine Zeit beurteilen.

Antweiler: Als Historiker bin ich es gewohnt, aus historischer Sicht zu denken. Ein Urteil über Ihre Zeit möchte ich mir nicht anmaßen.

Fabry: Dann werden Sie aber meine Zeit im historischen Zusammenhang bewerten können.

Antweiler: Natürlich. Aus meiner Sicht ist es die frühe Neuzeit, die Geburt der Moderne, die Zeit der Wissenschaft. Sie waren Wegbereiter der modernen Chirurgie. Dann gab es Galileo Galilei, Ticho Brahe und Johannes Kepler. Kopernikus ist wenige Jahre vor ihrer Geburt gestorben. Ihnen haben wir die Entwicklung des heliozentrischen Weltbildes zu verdanken.

Fabry: Zu verdanken? Diese vier Astronomen hingen doch dem Irrglauben an, die Erde stehe nicht im Mittelpunkt der Welt und drehe sich um die Sonne.

Antweiler: Um es mit Galilei zu sagen: Und sie bewegt sich doch. Sie lagen richtig. Selbst die Kirche hat das eingestehen müssen.

Fabry: Ja, ja, die Kirche. Ich wollte im Einklang mit ihr leben, aber meine anatomischen Forschungen hat sie mir nicht gerade leicht gemacht.

Antweiler: Trotzdem haben Sie der Wissenschaft einen enormen Dienst erwiesen - auch wenn der Aberglaube in Ihrer Zeit noch weit verbreitet war.

Fabry: Was soll Aberglaube gewesen sein?

Antweiler: Das war kein Vorwurf. Auch heute stehen wir noch nicht am Ende der medizinischen Entwicklung. Aber es ist nun einmal so, dass Sie ein Pest-Amulett trugen, um sich vor dieser Seuche zu schützen. Und auch die Hexenverfolgungen in Ihrer Zeit sind aus heutiger Sicht nicht akzeptabel.

Fabry: Auch ich lehne die Hexenverfolgung ab. Dennoch erübrigt sich vermutlich die Frage, ob Sie in meiner Zeit hätten leben wollen?

Antweiler: Ehrlich gesagt kann ich es mir nicht vorstellen, dauerhaft in Ihrer Zeit leben zu wollen. Dafür war sie mir zu unruhig. Auf die Pest, den 30-jährigen Krieg und religiöse Auseinandersetzungen kann ich gerne verzichten.

Fabry: Mit Ihrer historischen Sichtweise scheint es dann aber doch nicht so weit her zu sein.

Antweiler: Doch, es gibt auch Persönlichkeiten in Ihrer Zeit, die ich gerne kennen gelernt hätte.

Fabry: Galilei?

Antweiler: Den auch. Aber Ihre Zeit hat auch viele großartige Künstler hervorgebracht: Shakespeare, den Komponisten Monteverdi und den Maler Caravaggio.

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