Hilden: Die Stadt ist fest in Kinderhand

Die Katholische junge Gemeinde des Erzbistums Köln lädt eine Woche lang zur „Kinderstadt“ nach Hilden ein.

Hilden. Eine lange Warteschlange vor der Agentur für Arbeit, Meinungsforscher von der Universität im Marktplatz-Getümmel und geschäftiges Treiben in Bäckereien, Druckereien und Banken. Was zunächst wie ein schnöder und alltäglicher Werktag in einer mittelgroßen, deutschen Stadt klingt, ist auf den zweiten Blick etwas ganz Besonderes.

Denn die Hauptakteure dieser Stadt sind zwischen acht und zwölf Jahre alt, haben aktuell Schulferien und sind vom Geld verdienen eigentlich noch relativ weit entfernt.

In dieser Woche haben sie die große Aufgabe, ihre eigene Kinderstadt eigenständig zu regulieren. 180 Kinder kamen dazu gestern in der Fabriciushalle zusammen.

"Vor dem Eingang zur Turnhalle haben sie sich beim Einwohnermeldeamt eingetragen und ihren Ausweis sowie ein Startgeld von zehn Tacken - das ist diese Woche unsere Währung - abgeholt", sagt Lena Bloemacher, eine der Projektleiterinnen von der Katholischen jungen Gemeinde (KjG).

Zum ersten Mal richtet die KjG des Erzbistums Köln eine derartige Veranstaltung aus, entsprechend gespannt sind auch die Verantwortlichen auf den Verlauf der Woche.

Bloemacher: "Natürlich haben wir uns im Vorfeld mit vergleichbaren Projekten in anderen Städten auseinandergesetzt. Dennoch ist das natürlich eine große Aufgabe. Unsere Kapazitäten sind mit 180 Kindern voll ausgereizt." Sie alle sollen ihre Stadt gestalten und spielerisch die komplexe Lebenswelt der Erwachsenen kennen lernen - mit allem, was dazugehört: Arbeit, Politik, Demokratie und Verantwortungsbewusstsein.

Gezielt achten die Veranstalter auf Geschlechtergerechtigkeit. Entsprechend ist dieses Credo auch im städtischen Grundgesetz fixiert. Am Mittwoch wählen die Kinder ihre Regierung, der Erwachsenen-Bürgermeister Horst Thiele schaute bereits gestern bei seinem "Kollegen" vorbei.

"Es ist total super, dass wir hier auch echte Politiker kennen lernen können", meint dazu der zehnjährige Lucas, während sein Freund und Arbeitskollege Jonas(9) zustimmend nickt.

Viel Zeit zum Reden haben die beiden nicht, denn als Sportjournalisten müssen sie bis 16 Uhr einen fertigen Bericht abliefern. "Mein Papa kommt jeden Abend nach Hause und erzählt, wie erschöpft er ist. Das kann ich gar nicht verstehen, wir haben ihn ein paar Mal besucht, und da saß er immer nur in seinem Büro. Ich will hier lernen, warum arbeiten so anstrengend ist", sagt Lucas.

Auch Vanessa (9) ist ein wenig im Stress. Sie arbeitet in der Druckerei, "weil Drucken einfach Spaß macht. Aber es ist schon anstrengend, weil alle immer ganz schnell bedient werden wollen".

Franziska (11) schließlich ist an der Universität in der Meinungsforschung tätig: "Ich befrage die Leute auf dem Marktplatz, wie es ihnen hier in der Kinderstadt gefällt." Sie freut sich auf alles in dieser Woche, vor allem aber auf einen Blick hinter die Kulissen: "Ich frage mich immer, wie in einem Restaurant gearbeitet wird oder in einem Touristikbüro. Das möchte ich alles ausprobieren."

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