Altweiber - Hilden: Verbarrikadieren ist zwecklos

Trotz heftiger Gegenwehr von Soldaten und Rathauspfeifen übernehmen die Möhnen das Zepter. Das Scheitern der Verteidiger hat zehn Gründe.

Hilden. Auch in der 55. Session gelang es den Rathauspfeifen und den Soldaten der Waldkaserne gestern nicht, den Ansturm der Möhnen abzuwehren. Ihr Scheitern hat zehn Gründe:

Wenn Kinder bereits aus Märchenbüchern lernen, dass der gute Prinz und die schöne Prinzessin am Ende stets gewinnen, wundert es nicht, wenn die Sympathien immer den Tollitäten zufliegen. Wollen die Verteidiger irgendwann einmal als Sieger den Platz verlassen, müsste der Bestand der Bücherei sofort aufgestockt werden: mit der Geschichte vom tapferen Bürgermeisterlein, der sieben Gebühren auf einen Streich erlegt.

Es ist nicht förderlich für die Moral der Verteidiger, wenn ihre obersten Vertreter sich mit den Orden der Angreifer schmücken. Was möglicherweise als geringschätzige Geste gegenüber den Tollitäten gedacht war, führte zum Gegenteil. Warum soll das Fußvolk noch Widerstand leisten, wenn die eigenen Reihen vom Gegner infiltriert und die Rückendeckung fraglich sind?

Trotz Musikerinnen im Ausbildungsmusikkorps und weiblichen Bediensteten im Rathaus - die Frauenquote vor den Toren war deutlich höher als im Inneren. Hinzu kommt, dass draußen die Wiever das Sagen hatten, während sich drinnen die weiblichen Jecken auf das Sammeln von närrischen Krawatten-Trophäen beschränkten.

Dank seiner Freizügigkeit beim Austeilen von Orden und Bützchen sowie der großzügigen Ausstattung mit prachtvollen Gewändern übt das tollitäre System größere Anziehungskraft aus. Dem haben die in schlichtem Blau gekleideten Rathauspfeifen des Wahlbeamtentums nichts entgegenzusetzen.

Die Moral der Rathaus-Verteidiger muss beim Betreten ihres Hauptquartiers schlagartig auf den Nullpunkt gesunken sein: "Rathausstürmung und Schlüsselübergabe Altweiber 2007" stand in schwungvoll geschriebenen Worte im aufgeschlagenen Goldenen Buch der Stadt, nur die Unterschriften der Tollitäten fehlten, denn die standen noch vor dem Bürgerhaus.

"Aktuelle Gefährdungsstufe: alpha". Das Schild am Wachhäuschen der Waldkaserne zeigt, dass die Soldaten die drohende Gefahr unterschätzt haben. Hätten die Befehlshaber die sich anbahnende Erstürmung nicht auf die leichte Schulter genommen, wäre gestern mehr als die niedrigste von vier Gefährdungsstufen angeordnet worden.

Ein Feuerwerk zur Abschreckung reicht nicht aus. Auch die Ausstattung der Soldaten mit Schutzschilden ist ungeeignet, um bützende Möhnen im Zaum beziehungsweise außerhalb der Kasernentore zu halten. Erschwerend kam hinzu, dass die Soldaten mit der Sicherung von Uniformteilen (Barette, Schulterklappen und Namensschilder sind begehrte Mitbringsel der Möhnen) vom Geschehen abgelenkt wurden.

Musik ist ein wirkungsvolles Mittel, um die eigenen Kräfte zu beflügeln. Es sollte aber auf die Musikauswahl geachtet werden. Karnevalsmusik aus Lautsprecherboxen im Bürgerhaus und vom Ausbildungsmusikkorps beflügeln wohl eher die Angreifer.

Wer es ernst mit der Verteidigung des Bürgerhauses meint, sollte dafür sorgen, dass nicht unmittelbar nebenan - am Bierstand oder beim närrischen Treiben in der Sparkasse - flüssige Aufputschmittel die Jecken zu Höchstleistungen anspornen.

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