200 Zuschauer im Bann der drei Fragezeichen

Im Bürgerhaus Baumberg wurde die erste Geschichte der Serie als Bühnen-Hörspiel vorgetragen.

200 Zuschauer im Bann der drei Fragezeichen
Foto: Gutmann

Monheim. Dirk Frei wird heute 50 Jahre alt. Als er seiner damals neuen Freundin vor 23 Jahren offenbaren wollte, dass er mit 27 noch ganz verrückt sei nach einem ganz bestimmten Kinder- und Jugendhörspiel, setzte er erst einmal drei Fragezeichen vor dieses Geständnis. Wie wird sie wohl reagieren? „Mir ging es genauso“, erzählt Carola (50) schmunzelnd, die Freundin von damals und heute Dirks Frau: „Seit dem ,Karpatenhund’, der Nummer 3 der Serie, hat es mich gepackt.“ So wie Millionen Deutsche seit den 70er Jahren. Knapp 200 davon kamen jetzt ins Bürgerhaus Baumberg. Geboten wurde die erste Geschichte der Serie als Bühnen-Hörspiel: „Die drei ??? und das Gespensterschloss“, 1964 in den USA erschienen, in Deutschland 1968.

Im Publikum des fast ausverkauften Bürgerhauses saßen Paare wie die Freis aus Monheim, Freundesgruppen jedes Alters zwischen Teens und Fuffzigern und Familien mit Kindern. Daniel (47), ein Vater aus Benrath, war mit Sohn Leo (10) und dessen Kumpel Vincent (10) da. „Den ,Schreienden Wecker’ fand ich damals besonders unheimlich“, erinnert sich der Papa an seine eigenen „Drei ???“-Kassetten. Leo, eine Art kleiner Professor mit Harry-Potter-Brille, hat mit den „Drei ??? Kids“ angefangen, findet aber auch die Originale gut: „Die Geschichten sind witzig und spannend.“

So sitzt das Publikum beim Bühnen-Hörspiel natürlich im Dunkeln. Die Blicke richten sich auf vier Vortragende, je zwei Männer und Frauen, sowie, im Halbprofil, einen Musiker am Synthesizer, der den Soundtrack liefert, oft dräuend, wenn die Spannung steigt.

Je ein Manuskriptständer mit Leselicht und Mikrofon, im Rückraum ein Vorhang, der in Weiß, Rot und Blau, die Farben der „Drei ???“, getaucht ist, darüber eine Leinwand für eine ausgeruhte Bebilderung der Geschichte vom „Gespensterschloss“ — mehr Hardware braucht es nicht, um die knapp 200 Zuschauer in den Bann der „Drei ???“ zu ziehen.

Denn die Darsteller demonstrieren, was Hörspiel-Machen bedeutet: Nicht nur sprechen, sondern den Charakter zum Leben erwecken, mit Haut und Haaren. Dabei kommt besonders Judith Suermann aus sich heraus: Wie die Mittdreißigerin dem zweiten der drei jugendlichen Detektive, dem ängstlichen Peter Shaw, eine leicht lispelnde Stimme leiht und ihn mit Mimik und Gestik verkörpert, ist großartig. Nicht minder theaterreif ist Christoph Tiemann, der Kopf der Münsteraner Drei-???-Hörstück-Truppe: Der smarte Schauspieler und Kabarettist gibt den forschen Justus Jonas (Erster Detektiv), kann aber auch zum Beispiel hasenschartig „daherkröchzen“, wenn er den undurchsichtigen Mr. Rex spricht.

Auch optisch, obgleich wohl unbeabsichtigt, seinem Hauptcharakter nahe kommt Alban Renz: Bärtig und mit dicker Nerd-Brille — ja, so stellt man sich Fragezeichen Nummer drei, Bob Andrews (Recherchen und Archiv), vor. Zugleich erweist sich der Münsteraner Regisseur als Stimmwunder: mal vornehm als Chauffeur Morton, mal als blubbernder Alfred Hitchcock, mal als vermeintliche Zigeunerin im Marcel-Reich-Ranicki-Sound.

191 Fälle — Sonderproduktionen ausgenommen — haben „Die drei ???“ seit 1968 gelöst. In den USA längst eingestellt, verbindet die Serie in Deutschland Generationen. Mehr als 16 Millionen Bücher hat der Kosmos-Verlag verkauft. Zum Kult machen „Die drei ???“ indes die Hörspiele, die — auf MC, LP, CD oder Download — hierzulande mehr als 45 Millionen Mal abgesetzt wurden.

Das Geheimnis des Erfolgs? Für Daniela Heynen (47), die mit ihren Nichten Nina (9) und Sophia (10) im Bürgerhaus war, liegt es auf der Hand: „Justus, Peter und Bob sind, obwohl drei normale Jungs, richtige Profi-Detektive. Aber sie haben auch Schwächen. Jeder könnte auch einer von uns sein.“

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