Ludger Reffgen im Interview: „Hilden oder Geld — was zählt?“

Der Fraktionsvorsitzende der Bürgeraktion, Ludger Reffgen, sieht keinen Grund, jede verfügbare Fläche zu bebauen.

Herr Reffgen, wird die Bürgeraktion mit einem Bürgermeisterkandidaten in den Wahlkampf ziehen?

Ludger Reffgen: Das werden die Mitglieder der Bürgeraktion Ende des Jahres entscheiden. Aber ich glaube nicht, dass wir als einzige Fraktion ohne Kandidaten starten werden.

Was muss denn aus Sicht der BA bis zur Kommunalwahl im Mai 2014 noch angegangen werden?

Reffgen: Prinzipiell sehen wir unseren Part in einer Gestaltungsmehrheit für einzelne Projekte, manchmal auch als politisches Korrektiv.

Aber Sie müssen doch bestimmte Vorstellungen haben, welche Baustellen in Hilden noch angegangen werden müssen?

Reffgen: Natürlich sind uns bestimmte Themen wichtig. Das ist zum einen die soziale Balance, dann die Stadtentwicklung.

Inwiefern ist denn die soziale Balance in Gefahr?

Reffgen: Zur sozialen Balance gehört eine sozial ausgewogene Innenstadtentwicklung. Nehmen wir das Beispiel Jueck: Ein Teil der Baufläche ist in städtischer Hand — wir sollten darauf bestehen, dass ein Teil des Wohnraums als sozialer Wohnungsbau entsteht.

Und so bei dem Thema den Fokus weg vom Albert-Schweitzer-Gelände nehmen?

Reffgen: Zum Albert-Schweitzer-Gelände gibt es einen ganz klaren Beschluss. Vor zwei Jahren hat sich der Rat die Meinung des Stadtentwicklungskonzeptes zu eigen gemacht: nicht mehr als 65 Wohneinheiten.

Womit wir bei der zweiten Baustelle wären.

Reffgen: Das Stadtentwicklungskonzept sieht ganz klar als primäres Ziel die Bestandspflege vor. Keine aggressive Expansion. Wir müssen ja auch darauf achten, dass wir die soziale Infrastruktur nicht überfordern.

Was soll das denn bedeuten?

Reffgen: Laut Stadtentwicklungskonzept wird die demografische Entwicklung in Hilden als moderat eingestuft. Die Rückgänge fallen geringer aus als in den meisten anderen Städten Nordrhein-Westfalens. Dementsprechend ist die Handlungsempfehlung auf Qualitäts- und Bestandssicherung ausgelegt. Auf 19 untersuchten Flächen sollen bis 2015 insgesamt 500 Wohnungen entstehen. Allein bei den wenigen, derzeit diskutierten Planungen sind wir aber jetzt schon bei 360.

War das damals ein falscher Beschluss, der jetzt revidiert werden soll?

Reffgen: Zumindest wollen einige jetzt nichts mehr davon wissen. Aber das passiert in Hilden häufig mit teuren Gutachten, die die Stadt in Auftrag gibt: Sie verschwinden klammheimlich in der Schublade.

Zusammengefasst heißt das: Es bringt gar nichts, verzweifelt um junge Familien zu werben, weil es erstens kaum Platz und zweitens keine Notwendigkeit gibt?

Reffgen: Genau. Im Übrigen können wir die Probleme am Düsseldorfer Wohnungsmarkt nicht lösen. Dazu kommt ja, dass unser sehr gutes Angebot bei Betreuung, Schulen, Kultur und Freizeit zusätzlich ausgebaut statt nur gesichert werden müsste.

Was ja Geld kosten würde.

Reffgen: Die Frage lautet doch eher: Hilden oder Geld — was zählt? Wollen wir mit dem Verkauf von Flächen — deren Schutz im Stadtentwicklungskonzept hervorgehoben wird — Geld machen?

Geld zu haben wird in Zukunft hilfreich sein, angesichts des Kommunal-Soli.

Reffgen: Bei dem Thema ist die Argumentation doch total widersprüchlich. Mal machen wir keine neuen Schulden und werden finanziell auf solide Beine gerechnet, und beim Soli sind wir dann plötzlich zu arm, um geben zu können.

Sie sind dafür, dass Hilden in den Topf einzahlt?

Reffgen: Nein, weil überhaupt nicht gesichert ist, dass die Gelder irgendeinen nachhaltigen Effekt haben. Deshalb soll die Stadt klagen. Das Problem klammer Kommunen lässt sich nicht mit der Umlage lösen.

Sondern?

Reffgen: Das gesamte System der Gemeindefinanzierung gehört grundlegend reformiert.

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