Hilden/Leverkusen : Leverkusener Clan vor Gericht
Hilden/Leverkusen. Mitglieder einer Leverkusener Großfamilie stehen ab 23. Mai vor Gericht. Sie sollen unter anderem Senioren um Geld betrogen haben.
Es ist ein kalter Morgen im Januar 1999: Der Lkw eines Leverkusener Umzugsunternehmens steht vor der Tür einer pompösen Villa. Kisten, Möbel und echte Perserteppiche werden abtransportiert. Doch an diesem Tag zieht niemand um: Die Villa ist eines von 25 Gebäuden, das 430 Beamte von Polizei und Steuerfahndung untersuchen. Ihr Ziel: Beweise in einem Ermittlungsverfahren gegen eine Leverkusener Großfamilie sammeln.
März 2018: Wieder sind Polizei und Steuerfahndung der weit verzweigten Familie auf der Spur. Die Razzia umfasst 70 Gebäude in Deutschland und Österreich. Besonders spektakulär geht es aber in Leverkusen zu: Dort verfolgen Schaulustige, wie der Kranwagen eines Abschlepp-Unternehmens einen schweren Rolls Royce an den Haken nimmt. Ein Ferrari, mehrere Mercedes S-Klasse und Porsche tauchen ebenfalls in den Garagen auf. „Jetzt nehmen sie denen das Spielzeug weg“, flachste ein Beobachter.
Kurz nach Beginn der Aktion werden vier Verdächtige festgenommen. Sie sollen Mitglieder beziehungsweise Unterstützer des Clans sein, dem zur Last gelegt wird, Hartz-IV-Leistungen erschlichen und vor allem ältere Leute betrogen zu haben.
Eines der mutmaßlichen Opfer ist ein Hildener, der sich um sein Haus gebracht fühlt. Er habe jeden Lebensmut verloren, sagte er im November in einem Interview mit Spiegel-TV: Reporter Roman Lehberger hatte den damals 57-Jährigen, der inzwischen weggezogen sein soll, noch in dessen vier Wänden aufgesucht und sich den Fall aus dessen Sicht schildern lassen. In der Dokumentation heißt es unter anderem, mit dem Geld aus dem Hausverkauf habe der Hildener sich bei seinem Bruder im Erzgebirge niederlassen wollen.
Was dann folgt, wird so geschildert: „Die Abwicklung des Geschäfts überlässt der Hildener einer Bekannten, der er vertraut. Was er nicht ahnt: Die Frau steckt mit einem der Clan-Mitglieder unter einer Decke.“ Vor dem Notar-Termin so wird der Hildener zitiert, habe ihm die Bekannte noch eine Flasche Wodka geschenkt. Betrunken habe der damals Alkoholkranke das Haus für 322 000 Euro weit unter Wert an einen mutmaßlichen Strohmann der Großfamilie verkauft.