Hilden Gedenken an Opfer der Pogromnacht

Hilden · Am Dienstag jährt sich die Reichspogromnacht zum 83. Mal. Hildener reinigen die Stolpersteine, gedenken der Opfer im Stadtpark und treffen sich danach zum Gottesdienst. Die Musikschule lädt zu einem Konzert mit jüdische Musik ein, das Jugendparlament führt virtuell durchs Anne-Frank-Haus.

 Die Stolpersteine sollen am 9. November gereinigt werden. Sie erinnern an Opfer des Nationalsozialismus.

Die Stolpersteine sollen am 9. November gereinigt werden. Sie erinnern an Opfer des Nationalsozialismus.

Foto: Ralf Geraedts

(tobi) Eugenie Willner stirbt in der Schreckensnacht am 9. November 1938 als erste: Betrunke Nazis ziehen vom „Deutschen Haus“ an der Benrather Straße 20 in die nur wenige Meter entfernte Wohnung an der Benrather Straße 32. Ein Schlägertrupp bricht die Tür auf, es fallen Schüsse. Ernst Willner kann sich zunächst auf dem Dachboden verstecken. Doch später kommen die Nazis zurück und erschießen auch ihn.

Die Nazis treffen sich vor ihrem mörderischen Zug durch Hilden im „Deutschen Haus“ an der Benrather Straße 20. Dort feiern die NSDAP-Anhänger mit viel Alkohol den Jahrestag des Hitlerputsches 1923. Als sie die Nachricht erreicht, dass der deutsche Diplomat Ernst vom Rath nach dem Attentat durch Herschel Grynszpan gestorben ist, heizt sich die Stimmung auf. Mit Verstärkung aus Düsseldorf ziehen die Nazis marodierend durch die Stadt, zerstören Schaufensterscheiben und dringen in die Wohnungen jüdischer Mitbürger ein, um sie zu töten oder in den Selbstmord zu treiben.

 Gedenken an Reichspogromnacht, BM Claus Pommer und Isabella Rosenberg (1. Vorsitzende des Arbeitskreises Stolpersteine) legen einen Kranz am Gedenkstein im Stadtpark nieder

Gedenken an Reichspogromnacht, BM Claus Pommer und Isabella Rosenberg (1. Vorsitzende des Arbeitskreises Stolpersteine) legen einen Kranz am Gedenkstein im Stadtpark nieder

Foto: Köhlen, Stephan (teph)

42 Opfer fordert der Nationalsozialismus in der Itterstadt. Sieben Hildener sterben allein in der Pogromnacht 1938 oder an den Folgen der Misshandlungen. Ermordet von Nachbarn, in den Tod getrieben durch andere Hildener. Gemessen an der Einwohnerzahl Hildens zu der Zeit (rund 20.000) sind nirgendwo im damaligen Deutschen Reich mehr Menschen ermordet oder in den Tod gedrängt worden.

In Hilden wird daher auch besonders intensiv der Opfer der Reichspogromnacht gedacht. In Erinnerung an diese schlimmste Zeit der Hildener Geschichte laden der Arbeitskreis Stolpersteine, die Evangelische und die Katholische Kirchengemeinde, die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft sowie die Stadt Hilden für Dienstag, 9. November zu einer zentralen Gedenkveranstaltung ein.

Um 15 Uhr starten die sternförmigen Gänge von den Stolpersteinen zum Gedenkstein im Stadtpark. (15 Uhr: Gerresheimer Straße 340, Dr. Siegmund Sommer, Hendrika Grüter; Gerresheimer Straße 189/191, Nathan und Minna Meyer, Edith H. Cohn, Klara Wege; Benrather Str. 32, Eugenie und Ernst Willner, Walder Straße 222, Wilhelm Schmitt; Walder Straße 26, Friedrich Wilhelm Beuer; Heiligenstr. 13, Antonina Tscherbakowa; Mittelstr. 62, Emma und Joseph Krämer; Mittelstr. 77, Helene und Josef Schmitz; Grabenstr. 2, Katharina Gammel, Bahnhofsallee 5, Agrippina Akimowa, Ellerstr./Haltestelle Ellerstr., Paul Krey; Benrather Str. 19, Helene Wahle, Berta Grabowski, Maria Henriette Grabowski; 15.15 Uhr: Pungshausstr. 17, Karl Heinrich, Christine, Gisela Weiss; Kirchhofstr. 14, Paul Levin; Mittelstr. 7-9, Betty Schweriner; Mittelstr. 37-39, Carl, Otto, Liselotte, Manfred Herz; Richrather Str. 96, Hermann Klemens; Richrather Str.15, Margarete und Max Grünewald; Fritz-Gressard-Platz / ehem. Benrather Str. 1, Erna Kaufmann; Am Jägersteig 7, Wilhelm Johann Weiler, Biesenstr. 50, Johann Kirschall; Hochdahler Str. 132, Karl Harhoff; Mettmanner Str. 76, Henry und Rolf Bernstein; Mettmanner Str. 34, Julius Kaupe, Karl F. Dornbach; 15.30 Uhr, Berliner Str./Ecke Marie-Colinet-Str., Sigmund, Bertha, Erna Herz, Berliner Str./Schwanenstr., Jawdocha Bjelouss; Mittelstr. 86, Tobias und Marianne Kopf, Sophie Israel.

Um 16.45 Uhr wird Bürgermeister Claus Pommer mit Vertretern des Rates und der Verwaltung am Mahnmal im Stadtpark einen Kranz niederlegen. Um 17.30 Uhr beginnt der gemeinsame Gottesdienst in der Reformationskirche mit Pfarrer Michael Füsgen und Pastoralreferent i.R. Robert Eiteneuer mit seinem Team. „Zu allen Terminen sind Bürgerinnen und Bürger recht herzlich eingeladen“, erklärt Harald Noubours vom Bürgermeisterbüro der Stadt.

Die Musikschule lädt zum Gedenken an die Opfer der Reichspogromnacht zu einem Konzert ein. Am Sonntag, 14. November, 17 Uhr, erklingen jüdische Lieder im Heinrich-Strangmeier-Saal im Weiterbildungszentrum Altes Helmholtz, Gerresheimer Straße 20. Im ersten Teil des Konzerts wird der Tenor Aron Proujanski, am Klavier begleitet von seiner Frau Olga Proujanskaia, Synagogengebete auf Aramäisch und auf Hebräisch vortragen. Der zweite Teil des Konzertes wird das Publikum durch ein breites Spektrum von Liedern der osteuropäischen Juden führen. Eintrittskarten zum Preis von 13,50 Euro (zzgl. VVK-Gebühr) sind im Reisebüro Dahmen, Mittelstraße 73, oder online erhältlich.

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