Handgemachtes Glockenspiel zu Nikolaus

Zum ersten Mal wurde am Nikolaustag in Gruiten gebeiert. Aus luftiger Höhe ließen Josef Ahrweiler, Ralf Guski und Stefan Castelli zwei Melodien erklingen.

Gruiten. Normalerweise erklingen Glocken, in dem sie mechanisch in Bewegung gebracht werden, so dass ein Klöppel an den Körper schlägt. Nicht so beim Beiern. „Da hängt die Glocke still und mit kurzem Griff wird durch ein Hanfseil am Klöppel der Ton per Hand erzeugt“, sagt Josef Ahrweiler.

Wie das klingt, haben die Gruitener am Freitagabend erlebt. Pünktlich vor Beginn der Festmesse um 19 Uhr wurde in St. Nikolaus gebeiert — zum ersten Mal am Nikolaustag. „Wir hoffen, dass das nun eine Tradition wird“, sagt Josef Ahrweiler und fügt hinzu: „Beiern kann jeder. Dazu braucht man allerdings eine gewisse Technik und Kraft.“ In der Rolle als Glöckner von Notre Gruiten muss er aber nicht nur Taktgefühl besitzen, sondern auch noch schwindelfrei sein. Denn gebeiert wird in der Glockenstube von St. Nikolaus in luftiger Höhe von etwa 20 Metern.

Mit Ralf Guski und Stefan Castelli ging es also erst mal diverse, sonst bestens versperrte Hühnerleitern hoch. Nach einer kurzen Aufwärmrunde — „wenn man länger pausiert hat, wird es sonst disharmonisch“ — begann das ungewöhnliche Spektakel.

Das stimmige „Ping-ping-ping-pong-pong-pong“ ist nämlich nicht dem Zufall geschuldet, „das lesen wir hier vom Notenbrett ab“, erläutern die Männern.

Zwei Melodien wurden anlässlich des Nikolaustages angestimmt, die erste „ist eine kurze und leichte Variante“, die zweite heißt „Die schwierige Marianne“. Beide, so erzählte Josef Ahrhaus, der das Beiern 1980 von seinem Vater Heinrich erlernte und seither zelebriert, sind tradierte Notenfolgen. Beide sind „nach Gehör notiert“.

„Aber bei der zweiten sagte Marianne Klevenhaus, eine Gruitenerin, die leider in diesem Jahr gestorben ist: ‚Der Anfang stimmt, der Rest nicht.“ Wie es richtig klingen müsste, weiß keiner so genau, aber „seitdem trägt das Werk ihren Namen“.

Viele der Melodien gehen bis in den 30-jährigen Krieg zurück, führt Josef Ahrweiler aus. Damals hatten die Kirchglocken nicht nur die Funktion, die Zeit anzusagen, sondern auch in bestimmten Tönen über anstehende Gefahren oder eventuelle Katastrophen zu informieren. „Und wenn zum Beispiel der Feind wieder weg war, wurde gebeiert.“

Feinde sind passé, dafür gibt es noch immer den sogenannten Kirchweihtag, traditionell am ersten Sonntag im Juli gefeiert. Weil aber nach der Zusammenlegung der Gemeinden St. Nikolaus mit St. Chrysanthus und Daria nur noch in jedem zweiten Jahr die Fronleichnam-Prozession durch Gruiten führt (und die andere durch Haan), überlegte Ahrweiler, einen weiteren Festtermin zum Beiern zu bestimmen. Und kam auf den Nikolaustag. „Eigentlich spricht wirklich nichts dagegen, das im kommenden Jahr wieder zu machen.“

Übrigens verfasst Josef Ahrweiler seit 1979 eine Kirchenchronik. „Das Nikolaus-Beiern geht als das Lustigste in die Geschichte ein.“ Begleitet wurde es nämlich von einem 15-minütigen Stromausfall. Wie gut, dass man beim Beiern nicht auf Elektrizität angewiesen ist.

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