Haan Mit diesen Argumenten lassen sich rechte Sprüche entkräften

Haan. · Argumentationstraining gegen populistische Parolen bot ein Seminar, das die Caritas jetzt im Forum der Katholischen Kirchengemeinde St. Chrysanthus und Daria in Haan veranstaltete – mit Erfolg.

 Das Argumentationstraining gegen Stammtischparolen mit Jürgen Albrecht (l.) und Kai Kreutzfeldt in Haan war restlos ausgebucht.

Das Argumentationstraining gegen Stammtischparolen mit Jürgen Albrecht (l.) und Kai Kreutzfeldt in Haan war restlos ausgebucht.

Foto: Köhlen, Stephan (teph)

Die Situation dürfte nahezu jeder schon einmal kennengelernt haben: Im Bekannten- und Freundeskreis oder unter Kollegen fallen rassistische und menschenverachtende Sätze, aber im Augenblick der eigenen Konsternierung fehlt die richtige Idee, wie diesen verbal adäquat begegnet werden kann.

An diesem Punkt setzte das Argumentationstraining gegen Stammtischparolen, das das Duo Zuvielcourage Corona-bedingt im Hof des Forums der katholischen Kirchengemeinde St. Chrysanthus und Daria präsentierte, an. Die Veranstaltung war eine Kooperation zwischen dem Fachdienst für Integration und Migration im Caritasverband für den Kreis Mettmann und seiner Kampagne „Vielfalt, viel wert“ sowie der Aktion „Neue Nachbarn“ im Erzbistum Köln. Gefördert wurde das Bildungsseminar vom Bundesprogramm „Demokratie leben“.

Gemeindereferentin Ulrike Peters, Susanne Schad-Curtis von der Aktion „Neue Nachbarn“ sowie Heiko Richartz von „Vielfalt, viel wert“ konnten 20 Interessierte, die auf Abstand angeordneten Plätze waren alle ausgebucht, begrüßen. Das Training, bestehend aus pointiert anschaulichen Theaterszenen und didaktischem Workshop, bezog sich zwar explizit auf rassistische Äußerungen, aber auch im Hinblick auf „alubehütete“ Corona-Leugner würden die gewonnen Erkenntnisse funktionieren.

Eine Theaterszene eröffnete
den Crash-Kurs sehr plastisch

„Ich bin gekommen, da ich Tipps für solche Situationen brauche, denn mich ärgert es, wenn mir erst nach zehn Minuten später einfällt, was ich hätte sagen sollen“, erklärt Cornelia Gatzmaga. Für klare Kante ist Hatto Schmidt, der meint, dass „klar sein muss, was geht und was keinesfalls geht“, und von daher Zivilcourage einfordert. Mit einer kleinen Theaterszene eröffnete das Duo Zuvielcourage den Crashkurs in politischer Einmischung. Auf einem Hof kehrt Herr Schröder, dargestellt von dem Kölner Schauspieler und Theaterpädagogen Jürgen Albrecht, missmutig Zigarettenkippen, die angeblich Ausländer hinterlassen haben, zusammen. Als Herr Mutig, die Rolle hat Kai Kreutzfeld, Deutschlehrer in Köln, übernommen, hinzukommt, entspinnt sich ein Streitgespräch, in dem Herr Schröder kein Vorurteil auslässt. Aber auch Herr Mutig macht in seinen Bemühungen um ein gutnachbarliches Miteinander Fehler. Wie bei einem Wettkampf werden auf Flipcharts Punkte für verbale Treffer vergeben, doch das Ergebnis wird letztlich zur Nebensache. Es sind weniger fehlende Argumente, als die emotionale Aufregung gegenüber platten Stammtischparolen, die einen gedeihlichen Dialog verhindern.

Es sind also zwei Fronten, die um Verständnis bemühte Menschen zu beachten haben; einerseits die besseren Argumente anzubringen und andererseits einen kühlen Kopf zu behalten. Dazu gehört auch abzuwägen, ob man sofort auf eine Stammtischparole reagiert, oder ob es vielleicht einen geeigneteren späteren Zeitpunkt geben könnte. In Zweierkonstellationen wird eingeübt, wie zur Deeskalation die Gefühle des Gegenübers ernst genommen werden müssen, nach persönlichen Erfahrungen gefragt werden muss sowie Brücken für gemeinsame Lösungsvorschläge gebaut werden können. Das Konzept ist an Untersuchungen von Klaus-Peter Hufer, Professor an der Fakultät für Bildungswissenschaften für an der Universität Duisburg-Essen angelehnt. In Haan ist es jedenfalls auf fruchtbaren Boden gefallen.

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